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Filmkritik "Vor uns das Meer"

Regie: James Marsh

Mit: Colin Firth, Rachel Weisz, David Thewlis und Ken Stott

Kinostart: 29.03.2018

Der Hobbysegler Donald Crowhurst (Colin Firth) beschließt 1968 beim Sunday Times Golden Globe Race anzutreten, um der schnellste Mensch zu werden, der alleine und ohne Zwischenstopp die Welt umsegelt. Angetrieben durch die Hoffnung mit dem ausgeschriebenen Preisgeld seine Firma zu retten und das Leben seiner Familie zu verbessern, sticht Crowhurst ohne jegliche Hochseeerfahrung mit einem selbstgebauten und unfertigen Bott in See. Seine Frau Clare (Rachel Weisz) und die drei gemeinsamen Kinder lässt er zurück und begibt sich in sein bisher größtes Abenteuer, bei dem er sowohl sein, als auch das Leben seiner Familie, für immer verändern wird.

Der britische Regisseur James Marsh hat sich durch zahlreiche Dokumentarfilme, wie „Man on Wire", für den er 2009 den Oscar für die Beste Dokumentation erhielt, einen Namen gemacht. Aber auch durch Spielfilme mit realen und außergewöhnlichen Geschichten überzeugte Marsh, beispielweise durch das Stephen-Hawking-Biopic „Die Entdeckung der Unendlichkeit" (2014), das Eddie Redmayne den Oscar als Bester Hauptdarsteller einbrachte. Das Drama „Vor uns das Meer" passt also perfekt in das Schema von Marsh, da die Lebensgeschichte von Donald Crowhurst auf einer wahren Begebenheit beruht und zweifelsohne außergewöhnlich ist.

Die Geschichte von einem Mann, der ohne viel Erfahrung für die Aussicht auf ein besseres Leben in See sticht, klingt nach einem klassischen Heldenepos. Doch Marsh überrascht mit einer dramatischen Geschichte, die sich unvorhergesehen wendet und die durch den Oscarpreisträger Colin Firth in der Hauptrolle überzeugend verkörpert wird. Nur die Tatsache, dass er zwanzig Jahre älter ist als der damalige Crowhurst, macht die Geschichte weniger nachvollziehbar.

Auch wenn man sich während des gesamten Films immer wieder die Frage nach der Motivation Crowhursts mit einem instabilen Boot am letztmöglichen Tag des Wettbewerbs in See zu stechen, stellt, gibt diese dem Film dennoch etwas Realistisches. Denn der wahre Grund für das Handeln Crowhursts, der keine Minute auf seinem Segelboot zu genießen scheint und völlig unvorbereitet aufbricht, ist bis heute nicht klar. Es wird sogar als eines der größten Mysterien der Seefahrergeschichte geahndet. Marsh konstruiert mit Crowhurst einen Menschen, der zwar auf den ersten Blick leger und bieder erscheint, aber trotzdessen an maßloser Selbstüberschätzung leidet. Auch die Kontrastierung als Crowhurst schließlich auf hoher See ist und seiner Familie im englischen Küstenstädtchen Teignmouth immer größere Aufmerksamkeit durch die Presse zu Teil wird, gelingt dem Filmemacher, indem er sie geschickt von zwei Seiten beleuchtet. Die Lücke zwischen Realität und Phantasie droht dabei immer weiter auseinander zu klaffen, sodass ein großer Knall unausweichlich erscheint.

Das Drama „Vor uns das Meer" ist auf jeden Fall sehenswert, da es überraschend abgründig ist und nicht nur durch bemerkenswerte schauspielerische Leistungen, sondern auch durch tolle Landschaftsaufnahmen der englischen Küste und auf hoher See besticht. Die teils wackeligen Aufnahmen des Meeres machen allerdings das Zuschauen, insbesondere für seekranke Menschen, nicht immer leicht. Der Film zeigt nichtsdestotrotz das ganze Spektrum vom Träumen über Selbstüberschätzung bis hin zur nackten Verzweiflung und macht in eindringlichen Bildern darauf aufmerksam, dass alles im Leben seinen Preis hat.

Gesehen von Stephanie Bergwinkl

Bilder: Pressefotos Studiocanal

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