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Fatigue als Corona-Spätfolge: Bist du nicht längst wieder gesund?

Sie hat Covid-19 schon vor Monaten überstanden, doch ihre alte Kraft kommt nicht zurück. Eine Betroffene berichtet über ihr neues Leben in ständiger Erschöpfung.

Seitdem Lotte Berg (Name geändert) an Covid-19 erkrankte, ist sie nicht mehr dieselbe. "Früher war ich ein Flitzetierchen", sagt die 33-Jährige. "Ich war immer unterwegs, immer auf Achse." Als Freiberufliche in der Filmbranche arbeitete sie manchmal zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Klar war sie danach erschöpft, doch das ging vorbei. Heute hält sie allenfalls drei Stunden am Stück durch - danach ist sie platt. Um Kraft zu sparen, nimmt sie jetzt häufig das Taxi, lässt sich vom Fahrstuhl in den ersten Stock bringen. Nach längeren Gesprächen mit Freunden braucht sie Ruhe. An manchen Tagen schafft sie es kaum in ihre Wohnung im dritten Stock. Sie übernachtet immer öfter bei ihrem Freund - dessen Wohnung liegt im ersten.

Dabei gilt Berg schon seit mehr als drei Monaten als gesund. Sie glaubte, die Krankheit längst überwunden zu haben, die Mitte März plötzlich in ihr Leben brach.

Am 15. März spürte die junge Frau die ersten Symptome: Sie bekam Durchfall und Fieber, ihr Hals schmerzte und da war so ein Druck auf ihrer Brust. Sechs Wochen lang kämpfte ihr Körper gegen das Virus. Einmal ging ihr Puls so schnell, dass sie ins Krankenhaus musste. Dann wurde es langsam besser. Die Kopfschmerzen ließen nach, der Puls beruhigte sich, ihre Brust tat nicht mehr so weh. Ende April traute Berg sich das erste Mal wieder zur Arbeit. Schlapp und müde ist sie jedoch bis heute.

An manchen Tagen steigt sogar ihre Körpertemperatur plötzlich wieder an, beginnt ihr Herz erneut zu rasen. Dass sie in diesem Artikel nicht mit ihrem echten Namen genannt werden möchte, liegt daran, dass ihr momentan die Kraft fehlt, mit den Reaktionen umzugehen, die nach einer Veröffentlichung folgen könnten. Was, wenn ihr Menschen schreiben, die das Coronavirus als einfache Grippe abtun, das Virus gar leugnen? Sich mit ihnen auseinanderzusetzen - das würde sie nicht schaffen.

Es zeichnet sich immer mehr ab, dass Patienten auch Wochen oder Monate nach einer Infektion mit Covid-19 noch mit den Folgen zu kämpfen haben. Darauf deutet etwa eine Studie der Gemelli-Klinik in Italien hin, die kürzlich im JAMA Network erschien. Sie betrachtete ehemalige Covid-19-Patienten, die mit schweren Verläufen im Krankenhaus gelegen hatten. Fast 90 Prozent von ihnen fühlten sich auch acht Wochen nach den ersten Symptomen nicht gesund. Gut die Hälfte berichtete von einer bleiernen, anhaltenden Müdigkeit (JAMA: Carfì et al., 2020). Dass auch Patienten mit leichterem Krankheitsverlauf später unter Erschöpfung leiden können, zeigten zudem Daten aus Australien, über die der Guardian vor einigen Wochen exklusiv berichtete. (...)

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