Um Ärzte in die Provinz zu locken, haben sich die Kassenärztlichen Vereinigungen viele Fördermöglichkeiten ausgedacht. Wollen junge Mediziner deshalb jetzt rausziehen?
Als Valeska Nolte ihren Freunden erzählte, dass sie und ihr Mann aufs Land ziehen werden, schauten die sie nur mit großen Augen an und fragten: "Warum das denn?" Nolte ist 35, ihr Mann Johannes 36. Beide sind Ärzte und lebten lange Zeit in Hamburg. Dort in der Hafenstadt hatten sie eine Festanstellung im Krankenhaus, er zudem die Aussicht, im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Karriere zu machen. Aber im Frühjahr 2014 setzten die beiden ihr Kündigungsschreiben auf, packten ihre Koffer und zogen nach Bad Arolsen, eine Kleinstadt in Nordhessen. Statt sicherer Festanstellung folgte die eigene Praxis auf dem Land. Statt Elbphilharmonie das Schlosskonzert.
Die Noltes sind damit genau das, was sich das deutsche Gesundheitssystem wünscht: zwei junge Ärzte, die sich entscheiden, sich auf dem Land selbstständig zu machen. Denn dass es dort an Medizinern mangelt und viele Ärzte Probleme haben, für ihre Praxis einen Nachfolger zu finden, ist seit Jahren bekannt. Laut Schätzungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fehlen den Krankenhäusern derzeit über 5.000 Ärzte, im niedergelassenen Bereich mehr als 3.000 - und zwar bundesweit. Auch Roland Stahl, Pressesprecher der KBV, spricht von einem "Ärztemangel auf dem Land". (...)