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Krebserkrankung: Der Tumor darf bei mir wohnen

Wer an Krebs erkrankt, muss kämpfen und wer verliert, hat nicht genug gekämpft? Was wir wirklich bekämpfen müssen, ist die Kriegsmetaphorik in der Tumortherapie.

Meine Oma ist an Darmkrebs gestorben, ich war damals fünf Jahre alt. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie sie über ihre Erkrankung gesprochen hat, ich weiß nur, dass sie große Angst hatte - zumindest wurde es mir später so erzählt. Ich kann mir auch vorstellen, dass sie gar nicht viel über den Krebs geredet hat, vermutlich um ihren Mann, meinen Opa, und ihre Kinder nicht zu belasten.

Nach ihrem Tod sagte mein Opa, wenn er die Krankheit gehabt hätte, hätte er gekämpft. Das war natürlich kein wirklicher Vorwurf an sie, er war einfach traurig und musste den Tod seiner Frau verarbeiten. Trotzdem hat sich dieses Bild, die implizite Anschuldigung - "da hat sich jemand nicht genug angestrengt" - in meinem Kopf festgesetzt.

Tatsächlich sind bestimmte Sprachbilder in Bezug auf Krebs nicht selten. Sprechen wir über die Krankheit, geht es oft um "bösartige" Zellen, die ungehemmt in uns "wachsen" und "wuchern". Manchmal sind die Tumore gar "invasorisch". Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg bezeichnet Krebszellen als "gefährliche Schläfer" - als seien sie Terroristen, die nur darauf warten, uns anzugreifen. (...)

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