Am Anfang wunderte man sich bei der Berliner Polizei noch über den Namen Adham Charaby. Ägyptischer Name, ägyptischer Vater - damit ist man im Jahr 1999 im Polizeipräsidium herausgestochen. "Wir wussten ja nicht, was du für einer bist", sagten seine Kollegen ein paar Wochen nach seiner Einstellung. Heute, nach 18 Jahren Polizeidienst, wundert sich in Berlin keiner mehr über einen Polizisten aus einer Einwandererfamilie. Das Land hat den bundesweit größten Anteil an Polizeinachwuchs mit Migrationshintergrund. Auch Charabys Kollegen mit deutschen Namen, wie Yvonne Straub, wünschen sich inzwischen, dass die Polizei auch die Gesellschaft repräsentiert.
Doch ein Spiegel der Gesellschaft ist die Polizei noch immer nicht, zumindest wenn es um Bewerber und Berufsanfänger mit Migrationshintergrund geht. Das zeigt die Studie der Informationsplattform Mediendienst Integration. Die Angaben der Bewerber über ihre Herkunft waren freiwillig. Das Ergebnis: In vielen Bundesländern sind Polizisten aus Einwanderfamilien noch immer unterrepräsentiert. So wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen. Dort stellte die Polizei im vorherigen Jahr nur knapp 12 Prozent Polizisten mit Migrationshintergrund ein. Das steht in keinem Verhältnis zu den fast 26 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund, die im Bundesland leben. Zwar steigt in manchen Teilen Deutschlands die Bewerber- und Einstellungszahl, im Verhältnis zu dem jeweiligen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in den Bundesländern bleibt sie aber gering. Das hängt auch mit den Erwartungen an Bewerber mit Migrationshintergrund zusammen, die sie nur selten erfüllen können. Dabei wünscht sich die Politik regelmäßig mehr Migranten auf Streife.
Vor allem seit dem NSU-Skandal sucht die Polizei nach Nachwuchs mit Migrationshintergrund. Der zuständige Untersuchungsausschuss kritisierte, dass bei den anfänglichen Ermittlungen nicht nach einem rassistisch motivierten Tathintergrund geprüft wurde. Der Ausschuss im Bundestag forderte, dass die "Bemühungen, junge Menschen mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst zu gewinnen, verstärkt werden" müssten. Im November vorherigen Jahres erklärte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, interkulturelle Kompetenz zur Daueraufgabe, auch die Erhöhung des Anteils an Polizisten mit Migrationshintergrund müsse ein Teil davon sein.
Ein Trend, dem auch andere Länder folgen. Der Amsterdamer Polizeichef Pieter-Jaap Aalbersberg sagte vergangene Woche auf dem Europäischen Polizeikongress in Berlin, er komme aus einer Stadt, in der jeder zweite Bewohner keine niederländischen Wurzeln habe. Das müsse sich auch in der Polizei niederschlagen. "Ich will, dass 50 Prozent der neu eingestellten Kollegen Migrationshintergrund haben", so Aalbersberg. Lieber lasse er Stellen vakant, als dieses selbstgesetze Quorum zu verfehlen.
"Die Debatte über Polizisten mit Migrationshintergrund ist überzogen", sagt hingegen Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei. Dass Fehler wie beim NSU-Skandal durch mehr Migranten in der Polizei nicht mehr passieren würden, glaubt er nicht. "Alle Polizisten lernen die gleiche Verdachtsstrategie. Ob mit ausländischen Wurzeln oder nicht."