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Dreck am Stecken

Verseuchte Böden auf einem geplanten Gelände für Flüchtlinge in der Kiefholzstraße, Müll-Hotspots und dreckige Altlasten auf Straßenschildern: Diesen Monat versanken die Bezirksverordneten, zumindest im übertragenen Sinne, im Müll.

Die verseuchten Böden vom Schwarzen Kanal


Die letzte BVV begann mit lautem Protest. Vor der Tür versammelten sich die Aktiven vom Schwarzen Kanal und von Friedel 54, um für den Erhalt ihrer Projekte zu kämpfen. Der Schwarze Kanal war dabei Gegenstand eines linken Dilemmas. Die 20 Bewohner des Projektes, ansässig auf rund 8000 m², sollen verdrängt werden durch eine Unterkunft für 500 Geflüchtete. Um nicht in rechte Anti-Flüchtlings-Rhetorik zu rutschen, betonten die Aktiven, dass man nicht gegen Geflüchtete sei, sondern gegen Großunterkünfte. Mit der besonderen Rolle als queerer Schutzraum, würde man auch einzelnen Flüchtlingen mit besonderem Schutzbedürfnis Unterkünfte bereitstellen.


In den Verhandlungen mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und dem LaGeSo setzt sich der Bezirk für eine Kompromisslösung ein: Statt 500 Geflüchteten, sollen nur 250 untergebracht werden. Dafür soll die Hälfte der Fläche für den Schwarzen Kanal erhalten bleiben und durch einen Pachtvertrag legalisiert werden. Da das Gelände jedoch als Gewerbegebiet ausgewiesen ist, kommt nun ein neues Problem auf alle Beteiligten zu. In der Vergangenheit wurde das Gelände an der Kiefholzstraße unter anderem als Mülldeponie von der BSR genutzt. Dies hat zu einer erheblichen Schadstoffbelastung im Boden gesorgt. Zurzeit wird untersucht, ob die Fläche überhaupt als bewohnbar eingestuft werden kann.


Würde eine teure Bodensanierung anstehen, könnten die Kosten für die geplante Unterkunft noch einmal deutlich steigen. Wie Senat und Bezirk in diesem Fall weiter vorgehen wollen, ist laut Bürgermeisterin Giffey (SPD) noch offen. Klar ist für sie jedoch: „Was für die einen gefährlich ist, ist für die anderen ja auch gefährlich." Dies könnte auch bei Nichtbebauung die Existenz des Wagenplatzes in Frage stellen.


Zirkus statt Unterkunft


Seit Jahren gibt es Ärger um die geplante Unterkunft für Geflüchtete an der Karl-Marx-Straße auf Höhe der Ringautobahn: zu hohe Kosten, zu hohe Standards, mangelnde Effizienz. Die Eröffnung der dringend benötigten Unterkunft für über 300 Geflüchtete verzögert sich immer weiter. Ende letzten Jahres wurde noch zugesagt, dass vielleicht schon im März 2016 die ersten Geflüchteten einziehen können. Doch davon ist man momentan noch weit entfernt. Das jetzt ein Zirkus auf dem Gelände angesiedelt wurde, verwunderte einige Bezirksverordnete. Wie diese Entscheidung zustande kam, weiß Stadtrat Szczepanski (Grüne) nicht. Jedoch soll die vorübergehende Nutzung keinerlei Auswirkung auf den Ausbau der Unterkunft haben. Einziehen sollen die ersten Geflüchteten aktuell im August - angeblich im Jahr 2016.


Koloniale Altlasten werden vertagt

„Ehre, wem Ehre gebührt" titelt der Antrag der Grünen BVV Fraktion. Was erreicht werden soll, ist die Umbenennung der Wissmannstraße und der Woermannkehre. Auf die problematische Geschichte dieser Straßen haben bereits zum internationalen Frauentag am 8. März die beiden Grünenpolitikerinnen Anja Kofbinger und Susanna Kahlefeld hingewiesen ( neukoellner.net berichtete). Als Reichskommissar für Deutsch-Ostafrika 1888-1890 warf Hermann von Wissmann einen Aufstand nieder und war für seine grausamen Strafexpeditionen bekannt. Auch der Hamburger Kaufmann Adolph Woermann war maßgeblich an der Einrichtung der deutschen Kolonien in Afrika beteiligt. „Es ist an der Zeit, die ungerechtfertigten Ehrungen in Neukölln endlich zu beenden", so Gabriele Vonnekold (Grüne). Bereits vor Jahren wurden Wissmannstraßen in Hannover und Stuttgart umbenannt. Statt sich mit dem Antrag im Plenum zu befassen, einigte man sich darauf, diesen erst im Ausschuss Verkehr und Tiefbau zu beraten. Konstruktiv dürften die Beratungen allemal sein, denn die Grünen haben auch gleich einige Alternativen im Gepäck: Besonders Frauen der kolonialen Befreiungs- und Emanzipationsbewegungen sollen geehrten werden.


Endlich Klarheit: Das sind Neuköllns Sperrmüll-Hotspots

Dank dem Anliegenmanagementsystem, vereinfacht auch: Ordnungsamt Online, ist nun die Suche nach Neuköllns Müll-Hotspots endlich geklärt. Unter den Top 15 ganz oben mit dabei sind die Weserstraße und der Schillerkiez. In diesen Brennpunkten soll nun alle zwei Tage das Ordnungsamt offline Patrouille laufen. Die Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bringt es auf den Punkt: „Wir erwischen die Leute zu wenig!" Dank dem neuen System kann jede und jeder illegale Müllhaufen in seiner Nachbarschaft per Mausklick bei der BSR melden. Die beseitigt den Dreck dann angeblich innerhalb von zwei bis zehn Tagen. Seit November letzten Jahres sind fast 4.000 solcher Meldungen eingegangen. Die Befreiung der Neuköllner Straßen vom Müll bezeichnet die Bezirksbürgermeisterin als ähnlich wichtig, wie den Kampf gegen das organisierte Verbrechen.

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