Von Stefan Schlögl
Aus dem Nichts erhebt sich ein Tosen, ein düsteres Raunen, das von ein paar kecken Geigen-Pizzicati umschwirrt wird. Oder werkelt da einer mit der Flex an einer metallenen Klangsäule? Langsam tritt aus dem Grollen ein Wimmern hervor, das um einen herummetastasiert. Von oben, von vorn, überall. In einem wirren Tremolo schrappt Eisen auf Eisen, wir halten bei fünf Minuten, 21 Sekunden, gerade machen sich die Galaxien daran, zu entstehen. Kein einfacher Job, wie man hört.
Nicht viel einfacher war die Aufgabe, die sich Rudolf Wakolbinger, der Komponist dieser Klangskulptur, auferlegt hat. Vor drei Jahren machte er sich daran, die Entstehung des Weltalls zu vertonen. Vom Urknall bis zur Gegenwart, 13,8 Milliarden Jahre in 13,8 Minuten. Herausgekommen ist mit Expansion of the Universe ein gewaltiges Stück zeitgenössischer Musik, eine 240 Quadratmeter große Partitur mit 1036 Stimmen und 1,6 Millionen Notenzeichen. Das klingt nach: Größenwahn. Was das Letzte ist, was man dem 31-Jährigen nachsagen kann.
Nicht, wenn er so in seiner Klause, einer winzigen Wohnung in Wien-Landstraße sitzt, und Sätze sagt wie: "Meine größte Sorge war, dass das wie futuristischer Mist klingt. Es sind doch viele Noten." Mit 14 Jahren hat Wakolbinger, ein etwas schüchterner, papierener Typ, der früher wohl als Poète maudit durchgegangen wäre, zu komponieren begonnen, was ihm in seiner Heimatstadt Braunau den Rang eines Außenseiters bescherte – freundlich formuliert.
Ende der Leseprobe.
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