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Montagsgedanken: Eröffnung Interkulturelle Woche - Neue Akzente dringend notwendig -

 Seit vielen Jahren richtet die Landeshauptstadt Interkulturelle Wochen (IKW) aus. Gestern wurde auf dem Markt die feierliche Eröffnung der diesjährigen Veranstaltungsreihe begangenen. Die Stadt möchte Vielfalt zeigen. Nur ist das gewählte Format in dieser Form überhaupt noch zeitgemäß?

Die Interkulturellen Wochen gibt es in Schwerin in diesem Jahr schon zum 26. Mal. Ziel der Veranstaltung ist es, die kulturelle Vielfalt der Stadt zu zeigen, für Weltoffenheit zu werben und die Begegnung zwischen Religionen und Kulturen zu ermöglichen. Gerade im Hinblick auf die im letzten Jahr in die Stadt dazugekommenen Flüchtlinge, ist es zu begrüssen, wenn versucht wird, mit so einer Veranstaltungsreihe wichtige Integrationsimpulse zu setzen.


Bräsiges „business as usual" prägte die Atmosphäre auf dem Markt


Schaut man auf die Demonstrationen von Deutschland wehrt sich (DWS), den Anfeindungen, denen sich die geflüchteten Menschen auch in Schwerin ausgesetzt sehen und dem Anwachsen der Skepsis, berechtigt oder unberechtigt, ob wir als Land die Herausforderung der Integration von Menschen aus einem anderen Kulturkreis wirklich meistern können, so ist das Setzen von positiven Akzenten ein richtiger und begrüßenswerter Schritt. Die Interkulturellen Wochen in der Landeshauptstadt könnten genau dieser Akzent sein. der ein Leuchtturm der Integration werden könnte. So wie es aber im Moment gemacht wird, mutet es stellenweise grotesk und verstaubt an. Zumindest gestern hatte man bei der Eröffnung der Interkulturellen Wochen auf dem Markt den Eindruck, dass hier abgearbeitet wurde. Anstatt Herzblut, bestimmte ein bräsiges „business as usual" die Atmosphäre auf dem Markt. Die Teilnehmerzahlen machten deutlich, dass hier offenbar etwas stattfindet, was eigentlich niemanden interessiert. Das ist das wirklich Traurige an dieser Veranstaltung.


Der traditionelle Stadtgottesdienst um 11.00 Uhr, der zusammen von den evangelischen Gemeinden und der katholischen Kirche in der Stadt gefeiert wird, war gut besucht. Schätzungsweise über 400 Christen und interessierte Besucher bevölkerten den Markt, um unter dem Motto „Gast auf Erden..." gemeinsam Gottesdienst zu feiern. Danach saßen sie dann noch auf dem Markt zusammen und erzählten, aßen und tranken.


Selbstdarstellung anstatt gemeinsames Miteinander

Deutlich leerer war der Marktplatz dann, als der Stadtpräsident Stephan Nolte mit Grußworten die Interkulturellen Wochen eröffnete. Nolte betonte: „Wir sind eine Stadt der Vielfalt und wir werden uns auch weiter für Offenheit und Toleranz einsetzen. Es muss dabei deutlich gesagt werden, dass angesichts der Flüchtlingssituation das Schüren von Ängsten und Vorurteilen nicht dazu beiträgt, die Fragen zu lösen. Stammtischparolen nützen keinem etwas. Das diesjährige Motto macht deutlich, dass Vielfalt nicht nur trennt und schwierige Fragen aufwirft, sondern auch ein großes Potenzial und eine Bereicherung darstellt."

Die Interkulturellen Wochen würden laut dem Stadtpräsidenten in diesem Jahr wiederum ein anspruchsvolles Programm bieten. Auf dem Programm stehen Begegnungen, Ausstellungen, Foren, Konzerten, Workshops und sportlichen Wettkämpfen. Fast 40 Veranstaltungen erwarten die Besucher bis zum 4 Oktober und darüber hinaus.


Bereits zum fünften Mal wird am 3. Oktober als ein Höhepunkt der Interkulturellen Wochen n der Landeshauptstadt der „Annette-Köppinger-Preises für Integration und Menschlichkeit in einem würdigen Rahmen verliehen. „Engagement für Integration und Menschlichkeit bleibt auch weiterhin unsere Verpflichtung. Das umfangreiche Programm ist nur möglich geworden in enger Zusammenarbeit der Akteure des Netzwerkes Migration und weiteren Institutionen und Einrichtungen.", betonte Nolte. Es ist erfreulich, das auch Veranstaltungen dabei sind, die die Begegnung von Einheimischen und Flüchtlingen ermöglichen, wie beim Fußballturnier oder beim Familienfest Dafür dankte der Stadtpräsident allen Akteuren sehr herzlich.


Nach der Ansprache sollten dann ,laut Ankündigung, Vertreter der Religionen darlegen, wie sie im gegenseitigen Austausch erleben, dass Vielfalt das Beste gegen Einfalt ist. Von Vielfalt war in den Ansprachen der verschiedenen Vertreter allerdings nur in sofern etwas zu bemerken, als dass sie die unterschiedlichen Auffassungen ihrer jeweiligen Religion präsentierten. Was das aber alles für das interkulturelle Zusammenleben in der Stadt bedeuten kann, welche Hindernisse es im Interreligiösen Dialog zu überwinden gilt und welchen Beitrag der Interreligiöse Dialog für ein tolerantes und weltoffenes Schwerin haben kann, alle diese Fragen wurden weder gestellt, noch beantwortet. Selbstdarstellung anstatt gemeinsames Miteinander - dieses Endrucks, konnte man sich stellenweise nicht erwehren.


Leuchtturm ohne Strahlkraft

So spricht der Vorsitzenden der Interreligiösen Dialogs, Rudolf Hubert an diesem Tag über Papst Franziskus, seinem Besuch auf der Insel Lampeduse, von der Beziehung des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im Bundestag, Gregor Gysi zu Gott und ob in einer Welt ohne Gott am Ende tatsächlich alle ethischen Schranken verloren gehen. Themen, die sicherlich in einer Debatte nicht uninteressant sind, die aber auf dem Marktplatz irgendwie fehl am Platze wirken, wie die ganze Veranstaltung allgemein. Sollen die Interkulturellen Wochen tatsächlich ein Leuchtturm der Integration sein, dann hätte man sich in den Ansprachen sicherlich einen größeren Bezug auf die Situation der Menschen in der Stadt gewünscht. So hatte der Leuchtturm jedenfalls nicht die geringste Strahlkraft.


Festival der Kulturen war ein Lichtblick

Vielfältig wurde es dann am Ende aber doch beim „Festival der Kulturen". Vor allem war das dem Umstand zu verdanken, dass hier die Menschen aus den verschiedenen Kulturkreisen das Programm mitgestalten konnten. Sie konnten zeigen, dass Vielfalt tatsächlich besser als Einfalt ist. Erstmals hatte man gestern während dieses Parts den Eindruck, dass hier etwas mit den Menschen gemacht wird und nicht nur über Vielfalt geredet wird. Ein besonderer Dank von syrischen Menschen an die Schwerinerinnen und Schweriner kam gestern in Form von selbstgemachten Süßigkeiten, die sie an die Besucher verteilten.


Mein Fazit des gestrigen Tages: Die Interkulturellen Wochen haben mehr den je, eine wichtige Funktion für Schwerin. Allerdings wäre es an der Zeit, das Konzept an mancher Stelle zu überdenken. Manches wirkte gestern sehr angestaubt. Eine zeitgemäßere Eröffnungsveranstaltung der Interkulturellen Wochen würde die Bedeutung so einer Institution in der Stadt wieder hervorheben. Neue Akzente sind dringend notwendig.

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