Im Interview erklärt Ginter, wie er über den BVB seinen Platz im DFB-Team erobern will, was er von der Löw-Kritik hält und warum er nicht zu Gladbach gewechselt ist.
Diese Saison verläuft für Matthias Ginter wie im Traum. Seitdem Thomas Tuchel bei Borussia Dortmund übernommen hat, ist der Weltmeister nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken. Seinen verläufigen Höhepunkt erlebte er vergangenen Sonntag: Ginter wurde zum Derbyhelden gegen den FC Schalke 04.
Er bereitete sein bereits siebtes Tor vor und erzielte selbst einen Treffer - kurz vor der Pause zum 2:1. Und das als Außenverteidiger. Eine Position, auf der Ginter seine Zukunft sieht, wie er exklusiv gegenüber Goal erklärte. Im Interview sprach er zudem über seine Ziele im DFB-Team, den Aufschwung unter Tuchel und Knipser Pierre-Emerick Aubameyang.
Matthias Ginter, seitdem Thomas Tuchel den BVB trainiert, ging es für Sie steil bergauf. Können Sie die Entwicklung erklären?Matthias Ginter: Ich hatte mit Thomas Tuchel ein gutes Gespräch, bevor ich mit Deutschland zur U21-Europameisterschaft gefahren bin. Er hat mir gesagt, was er in mir sieht und wie er mit mir plant. Das hat mir sehr geholfen. Wenn der Trainer mir Vertrauen schenkt, ist das für mich gut. Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm und er ist sehr offen zu mir. Er hilft mir im Training und sagt mir, woran ich noch arbeiten kann, und dass er mit mir plant.
Mario Gomez beim DFB: Immer ein Spezialfall Dennoch stand im Sommer ein Wechsel zu Borussia Mönchengladbach im Raum. Wie weit fortgeschritten waren die Verhandlungen und warum sind Sie doch in Dortmund geblieben?Ginter: Ja, diesen Kontakt gab es. Aber nach dem Gespräch mit Thomas Tuchel war das für mich kein Thema mehr. Ich habe mich sofort gut gefühlt, nachdem er mit mir gesprochen hat. Und zum Glück ist das so eingetreten, was er mir aufgezeigt hat. Ich bin sehr glücklich, in Dortmund zu sein.
Dabei war das erste Jahr nicht einfach für Sie. Wie haben Sie sich inzwischen eingelebt?Ginter: Natürlich war erst einmal alles etwas größer als in Freiburg. Für mich war das mit einer Umstellung verbunden, aber ich wurde hier vom gesamten Umfeld sehr herzlich aufgenommen. Mir gefällt es sehr gut, wie alle Menschen in dieser fußballverrückten Stadt am BVB hängen und mitfiebern.
Mit diesem Treffer wurde Matthias Ginter beim BVB zum Helden: Er erzielte das 2:1 im Derby gegen Schalke. Liegt das daran, dass Sie in der Jugend mal im rechten Mittelfeld gespielt haben?Sie wurden 2014 als Innenverteidiger gekauft, haben im defensiven Mittelfeld überzeugt und starten gerade auf der rechten Seite richtig durch. Welche ist nun Ihre Lieblingsposition?
Als Innenverteidiger mussten Sie auch in der Regel nicht so viele laufen wie als Rechtsverteidiger. Ist das für Sie ein Problem?Ginter: Mir ist das wirklich egal. Ich fühle mich fast überall auf dem Platz wohl. Nur als Stürmer muss ich nicht unbedingt spielen (lacht). Ich habe kein Problem damit, mir neue Aufgaben anzueignen. Aktuell fühle ich mich auf der rechten Abwehrseite sehr wohl. Aber generell bin ich froh, wenn ich spiele.
Nun weilen Sie für zwei Spiele bei der Nationalmannschaft - dort haben Sie in den letzten Länderspielen ebenfalls als Rechtsverteidiger gespielt. Melden Sie dort jetzt Ansprüche an?Ginter: Natürlich ist das hilfreich, auch wenn das damals auf einem ganz anderen Niveau war. Dass ich gelernt habe, gute Flanken zu schlagen, kommt mir aber heute entgegen. Als Innenverteidiger gehört das ja nicht unbedingt zu den ersten Eigenschaften, die man haben muss. Ich habe das Glück, in Freiburg gut ausgebildet worden zu sein. Das hilft mir jetzt sehr.
Auf Ihrer Position haben Sie viele Konkurrenten. Warum muss Löw in Zukunft auf Sie setzen?Ginter: Nein, weil ich im defensiven Mittelfeld noch mehr laufen musste (lacht). Auf der rechten Seite habe ich auch immer mal wieder Pausen, auch wenn die Läufe dann intensiver sind. Die Position des Außenverteidigers ist für mich ein Mix zwischen dem Sechser und einem Innenverteidiger. Deshalb komme ich damit gut klar.
Löw hat nach den letzten Länderspielen gerade die Außenverteidiger hart kritisiert. Wie haben Sie diese Aussagen wahrgenommen?Ginter: Ich will mich in der Nationalmannschaft festsetzen, keine Frage. Ich versuche, mich über den Klub ins Team zu spielen. Es ist sicherlich ein Vorteil für mich, dass ich in Dortmund regelmäßig auf der Position spiele. Aber ich bin einer der Jüngsten im Nationalteam und stelle keine Ansprüche.
Auf welcher Position sehen Sie sich in Zukunft?Ginter: Da müssen Sie den Bundestrainer fragen (lacht). Im Ernst: Zum Turnier zu fahren und Europameister zu werden, ist mein großes Ziel. Wenn ich im Verein meine Leistungen bestätigen kann, ist das sicherlich ein Vorteil für mich. Die Abläufe sind dann drin. Das gilt aber auch für andere Spieler. Pauschal kann ich diese Frage also nicht beantworten. Die Entscheidung liegt letztlich beim Bundestrainer.
Kommen wir zurück zum BVB: Wie erklären Sie sich den Aufschwung unter Tuchel?Ginter: Für mich war die Kritik nicht dramatisch. Ich glaube, dass wir in Irland und gegen Georgien generell nicht berauschend gespielt haben. Vor allem gegen Georgien hatten wir allerdings viele Chancen. Wenn wir zur Halbzeit hoch führen, bekommen wir keine Probleme.
Dabei gab es Wechsel im Team - unter anderem im Tor. Macht das für Sie einen Unterschied, welcher Roman hinter Ihnen steht?Ginter: In der näheren Zukunft sehe ich mich auf der aktuellen Position als Außenverteidiger. Die Spielart und die Spielweise kommen mir sehr entgegen. Ich hätte nichts dagegen, wenn das so bleibt (lacht).
Der Keeper-Wechsel zwischen Bundesliga und Europa League ist also kein Problem für die Mannschaft?Ginter: Wir hatten den Vorteil, dass wir die Qualifikationsspiele für die Europa League hatten, um in Schwung zu kommen. Viele hatten erwartet, dass diese Spiele Probleme bereiten könnten. Das Gegenteil war der Fall. Nach der Niederlage gegen den FC Bayern haben wir weiterhin nicht an uns gezweifelt, obwohl wir zuvor ja schon ein paar Spiele unentschieden gespielt haben. Wir haben uns danach zusammengesetzt und uns auf die Grundlagen besonnen und darauf, was uns zum Saisonbeginn stark gemacht hat.
Apropos Europa League: Seit der vergangenen Woche steht man vorzeitig in der Zwischenrunde, dabei hat die Mannschaft spielerisch noch nicht zu 100 Prozent überzeugt. Ist das eine Sache der Einstellung?Ginter: Abgesehen von dem starken Fuß der beiden nicht. Roman Bürkis starker Fuß ist der rechte, von Roman Weidenfeller ist es der linke. Dann spielen wir sie einfach anders an. Wir haben das Glück, zwei herausragende Torhüter zu haben. Jeder hat seine Stärken und es schadet uns sicherlich nicht. Beide pushen sich im Training und sind unheimlich tolle Typen.
Die Einstellung in der Liga ist allemal da. Nach dem Sieg gegen Werder Bremen sahen viele den BVB wieder als Konkurrent um die Meisterschaft. Wie realistisch ist das?Ginter: Nein. Wie gesagt: Beide sind enorm gute Torhüter. Sowohl in der Liga als auch in der Europa League hatten und haben wir keine Probleme.
Dabei kommt es sicherlich auf Pierre-Emerick Aubameyang an. Er ist einer Ihrer Erfolgsgaranten. Wird er Ihnen manchmal unheimlich?Ginter: Wir haben auf gar keinen Fall ein Problem mit unserer Einstellung in den verschiedenen Wettbewerben. Aber es ist klar, dass es verschiedene Wettbewerbe sind. Trotzdem bemühen wir uns, die Spannung hochzuhalten, auch wenn die Gegner vielleicht nicht immer die allerhöchste Qualität haben. Spätestens ab der K.o.-Phase werden die Spiele auf Champions-League-Niveau sein. Wir verfolgen die anderen Gruppen und wissen natürlich auch, dass Mannschaften aus der Champions League herunterkommen.
Aubameyang gehört zu den Stimmungskanonen im Team. Unsere Leser hatten die Möglichkeit, Fragen einzuschicken - eine tauchte häufiger auf: Mit welchen Kollegen kommen Sie am besten klar?Ginter: Für uns ist das intern kein Thema, das wird nur von außen hereingetragen. Wir wollen unseren zweiten Platz festigen und den Vorsprung auf unsere Konkurrenten ausbauen.
Ginter: (lacht) Er ist schon wirklich sehr gut drauf. Auba ist wahnsinnig komplett. Vor dem Tor ist er absolut fokussiert. Er kann alles mit dem Kopf und dem Fuß, spielt mit. Seine Form ist natürlich sehr wichtig und gut für uns.
Ginter: Ich kannte Erik Durm bereits von der U21-Nationalmannschaft und von der WM in Brasilien. Wir sind gute Freunde und verstehen uns sehr gut. Mit unserem Neuzugang Julian Weigl komme ich sehr gut klar. Wir sind zuletzt mit unseren Freundinnen Go-Kart fahren gewesen (lacht). Insgesamt sind wir eine sehr homogene Mannschaft. Unser Teamgeist ist intakt und wir verstehen uns alle wirklich gut.