Sonya Winterberg kennt sich aus mit dem Schicksal von Kriegskindern. Gemeinsam mit ihrem Mann Yury Winterberg hat die Journalistin ein Buch über die Erinnerungen jener Generation geschrieben, die im Zweiten Weltkrieg in verschiedenen europäischen Ländern aufwuchs. Jetzt hat sie das Schicksal der sogenannten Wolfskinder recherchiert. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges oder kurz nach Kriegsende flohen zehntausende Familien aus dem nördlichen Ostpreußen vor der Roten Armee. Unzählige Kinder wurden von ihren Eltern getrennt. Monatelang irrten sie allein durch die Wälder. Viele gelangten nach Litauen und wuchsen dort in ärmsten Verhältnissen mit neuer Identität auf. Sonya Winterberg hat einige der Überlebenden getroffen und mit ihnen lange Gespräche geführt. Bis heute kämpfen sie vergeblich darum, als deutsche Staatsbürger anerkannt zu werden.
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Ingrid Müller-Münch, Autorin und Journalistin
Die Autorin und Journalistin Ingrid Müller-Münch wuchs in den 50er und 60er Jahren auf - zu einer Zeit, als man die "körperliche Züchtigung" für normal hielt. Den Kochlöffel als Erziehungsinstrument hat sie in ihrer Kindheit selbst am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Für ihr im Februar erschienenes Buch "Die geprügelte Generation" hat sie die Erfahrungen ihrer Altersgenossen gesammelt und nach den Ursachen und Folgen der brutalen Nachkriegspädagogik gefragt. "Selbstverständlich haben Prügelstrafen und Schläge nicht irgendwann abrupt aufgehört", sagt sie. "Aber der Zeitgeist hat sich verändert. Heute ist es nicht mehr opportun, sein Kind zu schlagen. Wer es dennoch tut, stellt sich außerhalb der gesellschaftlichen Normen und macht sich strafbar."
Sengül Obinger wuchs als Kind türkischer Eltern in Nürnberg auf. Jahrelang lebte sie in einer patriarchal bestimmten Parallelwelt ohne Chance auf Bildung und Selbstbestimmung. Trotz guter Noten durfte sie nicht das Gymnasium besuchen. Mit 18 wurde sie zwangsverheiratet. Ihr Mann misshandelte sie und die gemeinsame Tochter. Als sie die Scheidung einreichte, versuchte er sie und das Kind zu erschießen, steckte die Wohnung in Brand und brachte sich selbst um. Erst dann - mit 23 Jahren - fühlte sich Sengül Obinger frei. Sie machte eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten und arbeitete als Personalleiterin einer Firma. Heute leitet sie eine Beratungsstelle für einen Lohnsteuerhilfeverein. Mit ihrem Buch "Löwinnenherz" will sie sich einmischen in die Debatte über Integration, Frauenrechte und Bildung.
Als Straßenkind kämpfte Philip Oprong Spenner in Nairobi ums nackte Überleben. Rettung fand er in einem Waisenhaus. Er konnte endlich zur Schule gehen und lernte engagierte Menschen kennen, die die Kinder finanziell und ideell unterstützten. Einer von ihnen war der Hamburger Arzt Robert Spenner, der für ihn eine Patenschaft übernahm und ihn später adoptierte. Die beiden freundeten sich an, und mit 20 folgte Philip Oprong Spenner einer Einladung nach Deutschland. Er büffelte die Sprache, studierte Englisch, Religion und Sport. Nach dem Examen arbeitete er zwei Jahre lang im Rahmen des Programms "Teach First" in einer Hamburger Problemschule. Zurzeit absolviert er ein Referendariat, um Lehrer zu werden - für ihn Beruf und Berufung. "Meine große Rolle sehe ich darin, den Schülern zu zeigen, dass es immer wieder kleine Türchen gibt, die man erkennen und durch die man durchgehen muss. Und ich zeige ihnen, dass es nie zu spät ist." Über seine Erfahrungen hat er ein Buch geschrieben, mit dem er andere Menschen ermutigen will. "Auf dem Weg zum Himmel hat man schon vieles erreicht, wenn man auf die Spitze eines Baumes klettert", heißt es darin.
Der Schriftsteller und Performance-Künstler Peter Wawerzinek machte vor zwei Jahren mit dem autobiografischen Roman "Rabenliebe" Furore, in dem er sich das Trauma seiner Kindheit von der Seele schrieb. 1954 in Rostock geboren, wurde er als Zweijähriger von seiner Mutter in der DDR zurückgelassen. Er wuchs in Heimen und bei verschiedenen Pflegefamilien auf. Seit er mit 14 erfuhr, dass seine Mutter im Westen lebt, beschäftigte ihn die Frage, wie sie ihm das hatte antun können. Jahrzehnte später lernte er sie kennen. Die Begegnung war für ihn eine große Enttäuschung. "Das Kind ist erwachsen geworden und in der Mutterlosigkeit daheim. Es hat keinen Sinn, sich etwas vorzumachen", schreibt er am Ende seines Romans. Nachdem er sich intensiv mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt hat, ist es ihm jetzt wichtig, nach vorne zu schauen. "Ich habe den Deckel zugeklappt. Und es tut gut, etwas für beendet zu erklären."