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ARTMUC & MUNICH ART HOUSE

Die unerschöpfliche Fragestellung, ob Kunst denn von Können, Müssen oder Wollen käme, ist eine absehbare. Wann immer zu modernen Ansammlungen frischer, nie dagewesener Werke geladen wird, so kann man sich der Einverleibung diverser Alkoholika ebenso gewiss sein, wie auch der irgendwann geäußerten Feststellung eines Besuchers, „dass man das ja wohl auch gekonnt hätte“, auf eine Zeichnung im Stil Shrigleys zeigend.


Weswegen wird immer noch auf junge, innovative Kunstmessen beordert? Haben nicht mittlerweile genug urbane Graffitikünstler, ungeläufige Bildhauer und autodidaktische Zeichner ihr Glück versucht? Hat man denn nicht mittlerweile alles gesehen? Genug Museen und Auktionshäuser gefüllt? Ausreichend Material gesammelt für Wandkalender und Akademiker-Wohnküchen?


Der umtriebige Veranstalter Raiko Schwalbe (ehem. „Stroke Art Fair“) ist davon überzeugt, dass neue Kunst weiterhin Emotionen wecken und Visionen aufzeigen soll, und bespielt zum fünften Mal die Münchner Praterinsel sowie erstmalig die seit Jahren stillgelegte Alte Akademie. Im November werden in München erneut Künstler, Galerien und Projekte aus ganz Europa anreisen, und den Bogen spannen zwischen klassischem Handwerk und digitalen Kreativerzeugnissen. Spannende und bezahlbare Werke sollen im direkten Dialog zwischen Künstler und Käufer nahbar veräußert werden.

„Der Kunstmarkt befindet sich im Umbruch. Es ist an der Zeit, alte Gepflogenheiten auch mal über Bord zu schmeißen und offen für Neues zu sein. Wir wollen Trends setzen statt Entwicklungen hinterherlaufen oder diese kopieren“, positioniert sich Schwalbe und hat die ARTMUC und das MUNICH ART HOUSE als kommerzielle Verkaufsplattformen verankert. Speziell in der Alten Akademie sollen die Künstler von der breiten Öffentlichkeit in der primären Einkaufsmeile der Stadt sowie der umsatzstarken Weihnachtszeit profitieren. 


Ganz klar sollen hier Künstler zu Geld und Galeristen zu Kontakten kommen; die jeweiligen Inhalte der Kunstwerke sind zwar präsent aber deren Bedeutung steht auf einem anderen Blatt. Inwieweit das jeweilige Bild, die Skulptur oder Multimedia-Arbeit als künstlerische Reflexion der Gesellschaft oder Darstellung des Umfelds interpretiert werden kann, liegt im Auge des Betrachters, der hoffentlich kaufkräftig ist.

Stolz darauf kann Raiko Schwalbe sein, dass er als Ausrichter der größten süddeutschen Kunstmesse tätig ist und bislang über 40.000 Besuchern die Philosophie der ARTMUC zugänglich machte; demnächst soll es sogar zwei Ausgaben pro Jahr, im Herbst und Frühjahr, geben. 

Sie zählt mittlerweile zur größten Veranstaltung ihrer Art für zeitgenössische Kunst in Bayern, und für Schwalbe vor allem Diversität und Vielfalt: Als „Place to be“ bezeichnet er seinen Event, der mehr als 80 nationale wie internationale Künstler und 15 Galerien anzieht; etwa aus der Ukraine, Portugal, Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Spanien, Italien, oder Bulgarien reisen die Aussteller an. Kann man bei dieserlei Reizüberflutung das Kunsterlebnis überhaupt richtig auskosten?


Der scharfsinnige Feuilletonist Kolja Reichert hat in einer wunderbaren Abhandlung über die contemporary art-Szene beobachtet: „Kunstwerke sprechen nie nur mit dem Betrachter, der sie gerade anschaut. Sie unterhalten sich gleichzeitig mit allen anderen Kunstwerken, die es je gab und die es noch irgendwann geben könnte. Sie sind wie die Bewohner einer riesigen Stadt, die sich streiten oder lieb haben und sich immer wieder treffen, einander etwas zeigen oder etwas beibringen. Und wenn man viel Zeit in dieser Stadt verbringt, dann lernt man immer besser sich in ihr zu bewegen und die unendlich vielen Sprachen zu verstehen, in denen die Kunstwerke sprechen. Das gibt einem Freiheit, weil man sieht, dass die Welt, in der man lebt, nur eine von vielen möglichen ist und weil man auf neue Ideen kommt, wie man gerne leben möchte.“



Text: Sonja Steppan



WAS: ARTMUC
WANN: 09. - 11.11. Adresse: 

WO: Praterinsel 

WIEVIEL: Erwachsene 13 EUR / Studenten 11 EUR 




WAS: MUNICH ART HOUSE

WANN: 22.11. - 02.12.

WO: Alte Akademie, Stachus

WIEVIEL: 8 EUR für 8 Tage