Wer bei der Herstellung von Produkten jedweder Couleur etwas auf sich hält, der ist sich im Klaren darüber, dass Qualitätsbekundungen erst dann lautmalerisch glaubhaft wirken, wenn ihnen etwas Händisches innewohnt. Physalis, Kürbisgewächse, Okraschoten und Brombeeren werden nicht mehr nur gepflückt, sondern handverlesen. Man bemalt hochwertiges Manufaktur-Porzellan nicht, respektive handverziert der betreffende Illustrator es, und möchte der Angebeteten adäquat die Liebe kundgetan werden, dann doch eher mit einem handschriftlichen Memorandum statt einem beschriebenen Stück Papier. Die Kaffeebar, an der ich als Barista mein Tagebrot verdiene, vertreibt neben allerhand delikater Gebäckteile und Tartes auch köstliche Sardinen der Conserverie la belle-iloise, die ihre Fischlein erstens mit opulenten Namen versieht ("Sardines aux 2 piments, à l'huile d'olive vierge extra et sa note de citron"), zweitens mit der Zusatzinformation, handeingelegt worden zu sein.
Folgerichtig also, dass die Erstausgabe des Studio Braun Buchs mit dem primären Prädikat "handsigniert" publiziert wird. Auch wenn es Jacques Palminger, Rocko Schamoni und Heinz Strunk weiß Gott nicht nötig haben, ihrer Veröffentlichung ein verbales Gütesiegel zu verleihen. Mit Gereon Klug als Tourmanager hat sich das Trio hierbei für einen Herausgeber entschieden, der unter anderem den legendären Plattenladen "Hanseplatte" in Hamburg mitbegründet, ein essbares Kochbuch entworfen und die prominente Floskel "Leider geil" geprägt hat. Ziemlich gute Aussichten also für dieserlei Werkschau mit dem Titel "Drei Farben: Braun". Die Tour zum Buch, das bislang unveröffentlichtes Spitzenmaterial aus 20 Jahren Studio Braun samt Dichtung, Inszenierung, Plakaten, Flyern und Street Art beinhaltet, führt durchs Münchner Volkstheater und zeigt die drei als selbsternannte Silberrücken mit Adlerzungen.
Wer sonst, außer die Techno-Erfinder selbst, wüsste besser das Tourprogramm zu kommentieren hinsichtlich der Wartezeit auf einen erneuten Auftritt von "Fraktus". O-Ton Schubert: „Lieber lange nichts als Langeweile." Wand pflichtet bei: „Ein rollender Stein setzt kein Moos an." Bage ergänzt: „Fraktus, das sind Flohmarktgefühle pur." Auch als Realprotagonisten mögen sie sich gerne über ei ander äußern. Strunk über Schamoni: „Die Stimmungskanone knallt nicht mehr." Palminger über Strunk: „Ihm fehlt die nötige Passivausstrahlung." Schamoni über Palminger: „HINTEN sind die Schweine fett. Nur er begreift es einfach nicht."
Ach, bei so viel Gag und Gaudi kann man schon nachvollziehen, dass die Tickets sich rasch ausverkaufen und die Konzert- und Theatersäle von Bielefeld über Münster bis Osnabrück nach Würzburg bersten werden. Die langjährige Bühnenerfahrung in petto, stets von Spontanität getrieben und Situationskomik zu humoristischer Glanzleistung animiert, weiß das Trio jedoch auch der trüben Routine entgegenzuwirken: "Da ist sowohl fein- als auch und grobkörniger Sand im Getriebe, und bevor der doppelwandige Showdampfer Leck schlägt, soll er mit bewährten, einfachen Tools wieder auf Kurs gebracht werden. Dazu zählen gemeinsame Spaziergänge, Restaurant- und Kinobesuche, „spontan vormittags mal einfach so anrufen" (kein Scherz)."
Dieses Talent zur Freundschaftserhaltung kann man sich selbst auch mal hinter die Ohren schreiben, und das herrliche Coffee Table Book beispielsweise auch zielorientiert verschenken. Die 3.333 verfügbaren Exemplare lassen sich bei Schwarzkopf & Schwarzkopf unter Angabe der Wunschnummer bestellen, ergo personalisiert mit Geburts-, Jahres- oder passenden Feiertagen. Für jede Gelegenheit ein perfektes Präsent zum Ablachen, denn: "Es ist kackenlustig!"
Bei aller Liebe, nur eines ist das großformatige, gebundene 320seitige Prachtexemplar vielleicht nicht: handlich.