Atlantischer Lachs, Aal und Alse bekommen ihren Fluss zurück
36 Meter hoch, 278 Meter lang, eine massive Konstruktion aus Beton und Stahl mit bogenförmigen Pfeilern. Das ist der Staudamm Vézins am Fluss Sélune in der Normandie. Oder besser gesagt: Das war der Staudamm. Denn seit Juni 2019 wird dieser Staudamm abgebrochen, um dem Atlantischen Lachs, dem Aal, der Alse, dem Neunauge und anderen Fischen wieder den Zugang zu ihren Laichgebieten zu ermöglichen. Dem Abbruch des Staudammes sind zehn Jahre Diskussionen, Untersuchungen, Planungen, wieder Diskussionen, Verzögerungen, Widerstand und schließlich der endgültige Entscheid vorangegangen. Und die Diskussionen und Untersuchungen sind noch lange nicht abgeschlossen. Am Ende wird man jedoch viel über Staudammabbrüche und ihre Auswirkungen auf ein Flusssystem gelernt haben - nicht nur für Frankreich, sondern für ganz Europa.
Im 19. Jahrhundert konnte man im Fluss Sélune, der im Naturpark Normandie-Maine entspringt und nach 85 Kilometern bei Mont-Saint-Michel in den Ärmelkanal mündet, regelmäßig Atlantischen Lachs fischen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden an der Sélune jedoch zwei Staudämme zur Stromerzeugung gebaut: 1916 La Roche-qui-boit, 16 Meter hoch, 125 Meter lang, 14 Kilometer vom Meer entfernt, und 1932 Vézins, 36 Meter hoch, 278 Meter lang und 17 Kilometer von der Mündung entfernt. Fische, die aus dem Atlantik in die Sélune schwimmen, um im Quellbereich zu laichen, haben dazu seit mehr als 100 Jahren keine Chance mehr. Der Lachsbestand ist deshalb massiv zurückgegangen. Und nicht nur in der Sélune, denn in Frankreich gibt es rund 60.000 Querbauwerke, davon 400 große Dämme für Wasserkraftwerke. Für die Loire weiß man, dass dort im 19. Jahrhundert 100.000 Lachse pro Jahr auf ihrer Laichwanderung stromaufwärts zogen, heute sind es nur mehr 1.000.