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"Es ist kein Leben, wenn man nur vom Bafög lebt"

Fast ein Drittel aller Studierenden ist arm. Darunter viele Bafög-Empfänger. Doch Experten fürchten, dass auch die geplante Bafög-Reform nichts daran ändern wird.



Linda erzählt von ihrem Traum. Sie steht an der Supermarktkasse und legt drei Äpfel, einen Sack Karotten und ein Buch aufs Band. "Das macht dann 110 Euro", sagt die Verkäuferin. 110 Euro für ein Buch und etwas zu essen? Die Panik, die Linda im Traum verspürt, erlebt sie nicht zum ersten Mal. Sie ist fester Teil ihres Alltags.

Linda ist 27 Jahre alt, sie studiert im zwölften Semester Geoarchäologie in Trier. Sie ist "von Armut betroffen", wie sie selbst sagt. Aus Angst vor Benachteiligungen möchte sie in diesem Text anonym bleiben.

Linda lebt von 880 Euro im Monat. 100 Euro zahlen ihre Eltern, den Rest erarbeitet sie sich selbst als Mitarbeiterin einer Gärtnerei. 300 Euro zahlt sie für ihr WG-Zimmer, 114 Euro an die Krankenversicherung, 12,90 Euro für die Handyrechnung. Ihr bleiben rund 450 Euro im Monat für Essen, Bücher oder um in Bars mit Freunden etwas zu trinken.

Um weiterstudieren zu können, spart sie deshalb, wo sie kann. Seit die Ölpreise steigen, geizt sie am Öl zum Braten, sie kauft kein Fleisch oder Fisch mehr, am Ende des Monats isst sie oft Nudeln in Sahnesoße oder wenn es mal gesund sein soll: Nudeln mit Tiefkühlgemüse. Wenn sie am Monatsanfang die Miete überweisen muss, dauert es noch fünf Tage, bis endlich ihr Gehalt kommt. "Ich starte jeden Monat mit 200 Euro Minus auf dem Konto", sagt sie. Lindas Eltern können sie nicht unterstützen, sie hat kein Erbe, keine wohlhabenden Verwandten. Eigentlich greift in diesen Fällen das Bundes­ausbildungs­förderungs­gesetz, bekannt als Bafög, eine Sozialleistung für Studierende. Doch weil Linda die Regelstudienzeit überschritten hat, erhält sie keine Förderung mehr. Sie sagt, schuld daran sei die Struktur ihres Studiums gewesen.


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