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Unternehmensberatung: Gehen, wenn es am schönsten ist

Viele Unternehmensberater wollen nach den ersten Berufsjahren aussteigen und im Job kürzertreten. Doch dabei gibt es einige Fallstricke. © LarsZahner / photocase.com

Wie Unternehmensberater profitieren können, wenn sie die Branche rechtzeitig verlassen – und worauf sie dabei achten sollten.


Vor allem zwei Gründe sprechen dafür, nach dem Studium in einer Beratung anzufangen: erstens die Erfahrungen, die man dort macht. "Ich empfehle Absolventen, die sich als Generalisten sehen und Abwechslung wollen, in große Beratungen zu gehen", sagt Michael Hümmer von der Agentur für Arbeit.

Und zweitens das Geld, das man dort bekommt. Im Einstiegsjahr liegt der Verdienst zwischen 38.000 und 55.000 Euro, nach zwei Jahren sind es bereits 78.000 Euro. Das hat die Vergütungsstudie des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) ergeben.

Es gibt aber auch Gründe, die gegen die Branche sprechen: die manchmal sehr langen Arbeitszeiten, die vielen Geschäftsreisen und den Leistungsdruck. "Als Berater muss man private Wünsche, Freunde und Freizeit nach dem Beruf ausrichten", sagt Wolfram Tröger, der als Personalberater und beim BDU arbeitet.

Weil viele das nicht ein Leben lang mitmachen wollen, gibt es Berater, die nach einigen Jahren aus der Branche aussteigen und anderswo einen Job suchen, der mehr Freizeit bietet und weniger Geschäftsreisen verlangt. Das zeigt etwa die aktuelle Consulting Excellence- Studie des Informationsportals Squeaker: Drei von vier "beratungsaffinen" Befragten wollen nach zwei bis fünf Jahren aus der Branche aussteigen. "Dieses Modell funktioniert", sagt Wolfram Tröger.

Wer freiwillig gehen will, für den gilt: nicht zu lange warten. "Gerade bei großen Unternehmensberatungen wird der Absprung immer schwieriger, je länger man dort ist", sagt er. Der Grund: Nach fünf Jahren stellt sich häufig die Frage, ob man als Partner einsteigen möchte. Mit der Verantwortung wächst die Bindung an die Firma.

In den ersten zwei Berufsjahren investieren viele Beratungen mit Traineeprogrammen und Fortbildungen in ihre Mitarbeiter. "Es ist nicht gern gesehen, wenn man gleich danach geht", sagt Tröger, "aber niemand kann verlangen, dass man 15 Jahre bleibt."

Der ideale Ausstieg: Ehemalige Kunden werben einen Berater ab. Michael Hümmer von der Arbeitsagentur nennt das den "Klebefaktor". Er sagt: "Wenn man gute Kundenprojekte macht, ist es eine Frage der Zeit, bis man einen Arbeitsplatz angeboten bekommt." Dafür sei man selbst verantwortlich, sagt Svenja Hofert von der Agentur Karriere & Entwicklung: "Man muss mit seinen Kunden im Gespräch bleiben und sollte sich nicht erst dann bei ihnen melden, wenn man plant auszusteigen."

Wer allerdings darauf hofft, nach dem Ausstieg aus der Beratungsbranche mehr Zeit für Freunde und Familie zu haben, der sollte bei der Wahl des neuen Arbeitgebers wachsam sein. Zeitlich kürzerzutreten bedeutet in vielen Fällen auch weniger Verdienst und weniger Verantwortung, sagt Wolfram Tröger vom BDU. Um in einer gleichwertigen Position zu bleiben und gleich viel zu verdienen, werde man vermutlich weiterhin eine hohe Arbeitsbelastung in Kauf nehmen müssen.

Es sei auch oft schwierig, von einer großen Unternehmensberatung in eine kleine zu wechseln, wo es weniger Leistungsdruck gebe, sagt er: "Berater aus großen Firmen gelten dort oft als zu theoretisch und abgehoben."

Die Alternative: selber gründen. "Viele haben durch ihre Beratertätigkeit das nötige Know-how dafür", sagt die Karriereberaterin Svenja Hofert. Wer ganz aus der Wirtschaft aussteigen will, kann an einer Hochschule unterkommen. "Berater sind kommunikative Menschen, die gut erklären können", sagt Michael Hümmer, "und an Fachhochschulen müssen Dozenten immer eine gewisse Zeit an Berufserfahrung hinter sich haben."


16. November 2015, 14:27 Uhr ZEIT Campus Nr. 5/2015, 11. August 2015

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