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"Der Joke hat funktioniert, die Moschee ist voll"

Frank Jansen, Sebastian Weiermann In Wuppertal patrouillierten selbsternannte Sittenwächter als "Scharia-Polizei", in Düsseldorf stehen Salafisten wegen versuchten Mordes vor Gericht. Was sind das für Leute, die im Namen Allahs Angst und Schrecken verbreiten? Eine Reportage. Was sind das für Leute, die im Namen Allahs Angst und Schrecken verbreiten?

Die Salafisten wirken eingeschüchtert, die Scharia-Polizei war von ihnen zwar als Provokation geplant, aber mit dieser Reaktion von Medien und Politik scheinen sie nicht gerechnet zu haben. In einer E-Mail lehnt Sven Lau, Kopf der Wuppertaler Gruppe, jede Anfrage ab. Er schreibt: „wären nicht fast alle Kollegen von ihnen Lügner hätten sie noch eine chance." Mit Bürgern wolle er sprechen, nicht aber mit den Medien, da diese die Wahrheit verdrehten.

An der Gathe will schließlich doch jemand etwas ausführlicher vom Besuch der Scharia-Polizei erzählen: Cengiz, 32, der in einem Wettbüro arbeitet. Am vergangenen Mittwoch seien Sven Lau und seine Anhänger zu viert in das Wettbüro gekommen. Lau habe Flugblätter auf die Theke legen wollen. Cengiz erklärte ihm, dass dies von seinem Chef nicht gewünscht sei, egal, um was für Flyer es sich handele. Cengiz lacht, als er von Laus Antwort erzählt. Der habe gesagt: „Dein Chef ist Allah."

"Keiner hier wird darauf hören, was die sagen"

Die übrigen Salafisten, sagt Cengiz, hätten auf ihn gewirkt wie „dumme Mitläufer". Er versichert: „Keiner hier wird darauf hören, was die sagen, die meisten lachen sie aus." Und doch ist Cengiz auch ein wenig besorgt. Denn seiner Ansicht nach ziehen die Salafisten mit ihrer Aktion sämtliche Migranten und vor allem den Islam pauschal mit in den Dreck. Auch dass so viel über die Scharia-Polizei berichtet werde, finde er nicht gut. „Den paar Leuten wird viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt." Worüber geschrieben werden sollte: „Wir haben in Wuppertal eine große rechte Szene, die verprügeln Menschen, darüber sollte mehr berichtet werden." Tatsächlich haben mittlerweile auch Wuppertaler Neonazis auf die Scharia-Polizei reagiert. Sie wollen jetzt in roten T-Shirts als „Stadtschutz" durch die Straßen patrouillieren und für „Recht und Ordnung" sorgen.

Am ersten Tag im Düsseldorfer Prozess versammeln sich im Saal des Oberlandesgerichts Fanatiker fast jeder Couleur: Islamisten, Funktionäre und Anhänger der rechtsextremen, islamfeindlichen Partei Pro NRW. Hier müssen sich der mutmaßliche Bombenleger Marco G. und seine vermeintlichen Mittäter Enea B., Koray D. und Tayfun S. verantworten. Und auch hier stellt sich die Frage: Was sind das für Leute, die im Namen Allahs Angst und Schrecken verbreiten?

Warnung vor kampferprobten Rückkehrern

Marco G. soll auch und zusammen mit Enea B., Koray D. und Tayfun S. im März 2013 ein Attentat auf Parteichef Markus Beisicht vorbereitet haben. Nachdem Pro NRW die salafistische Szene provoziert hatte. Die Islamfeinde zeigten im Mai 2012 demonstrativ vor Treffpunkten der Salafisten in Solingen und Bonn die von denen gehassten Mohammed-Karikaturen des dänischen Zeichners Kurt Westergaard. Es kam zu schweren Krawallen. Und die Spirale der Eskalation dreht sich immer weiter.

Islamisten in Syrien und Irak haben reichlich Zulauf aus den salafistischen Szenen in Deutschland und Europa, die Sicherheitsbehörden warnen vor kampferprobten Rückkehrern. Nun richten sich die Augen und mit ihnen auch Ängste auf den Prozess in Düsseldorf. Weil Salafisten und rechtsextreme Islamfeinde dort hautnah aufeinander treffen.

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