Von Sebastian Schreiber, ARD-Studio Washington
An der Kirche St. Peter in Washington, unweit des Capitols, stehen Dutzende bunte Stoffbeutel bereit. Sie sind vollgepackt mit Lebensmitteln. Mitarbeiter der Regierung, die gerade auf ihr Geld warten, bekommen hier Hilfe - unkompliziert und kostenlos.
Tamela Worthin hat gerade einige der Tüten abgeholt. Sie arbeitet als Sicherheitskraft in einem Museum in Washington - normalerweise. Wegen des Shutdowns bekommt sie im Moment kein Gehalt. Es müsse etwas passieren, sagt sie: "Ich kann meinen Kredit für den Februar nicht bezahlen, ich kann meine Medizin nicht kaufen - die brauche ich aber, ich bin Diabetikerin und habe Bluthochdruck. Ich habe sie seit einer Woche nicht genommen und merke schon den Unterschied."
Folgen für 800.000 RegierungsmitarbeiterWie gravierend die Folgen für die 800.000 betroffenen Regierungsmitarbeiter sein können, spürt auch Lily Duran vom Arlington Food Assistance Center. Die gemeinnützige Essensausgabe liegt im Norden Virginias, vor den Toren der US-Hauptstadt, wo etliche Mitarbeiter der Regierung zu Hause sind: "Zu uns zu kommen ist für viele, die gerade im Zwangsurlaub sind, eine total neue Erfahrung. Sie versuchen sich erstmal anders zu helfen, bevor sie auf so eine Hilfe zurückgreifen. Nach ein paar Wochen ohne Bezahlung kommen immer mehr Leute zu uns - dafür sind wir da."
Ein Kampf ums ÜberlebenDer Shutdown geht bald in die sechste Woche. Schon zum zweiten Mal in Folge bleibt die Gehaltszahlung nun aus. Der Druck steigt. Etwa 150 Menschen sind in einem Bürogebäude des US-Senats zusammenzukommen, um gegen den Shutdown zu demonstrieren.
Lila Johnson ist auch dabei. Sie ist eigentlich schon in Rente, muss sich aber etwas dazuverdienen. Seit 21 Jahren macht Johnson im Landwirtschaftsministerium sauber. Doch wegen des Shutdowns musste sie sich bereits mehrmals Geld leihen: "Ich schaffe das nur mit der Hilfe meiner Familie. Aber die haben ihre eigenen Probleme. Es ist ein Kampf ums Überleben, Tag für Tag. Es ist eine echte Belastung, sich immer zu fragen, wo bekomme ich das Geld her für all diese Rechnungen? Das ist eine Qual."
Isoliert und einsamAls Anwältin der Umweltbehörde EPA ist auch Denise Walker vom Shutdown betroffen. Sie betont, dass neben den finanziellen Problemem der Shutdown auch Einsamkeit bedeuten kann:
"Die Betroffenen sind es nicht gewohnt, den ganzen Tag zu Hause zu sein und nichts zu tun zu haben. Das sind Menschen, die sich in den Dienst anderer stellen. Sie investieren ihr Talent und ihre Zeit in eine sinnvolle Arbeit. Die Menschen fühlen sich isoliert und einsam. Auch das hat für die Leute große Auswirkungen."
Der längste Shutdown der US-Geschichte wird irgendwann vorbei sein. Doch wenn Medikamente fehlen, Kredite platzen und Existenzangst wächst, bleiben für viele in den USA die negativen Folgen wohl noch lange spürbar.