Einsamkeit am Arktischen Ozean: Elsa Haldorsen lebt in Bugøynes, einem
kleinen Dorf im Norden von Norwegen. Im Interview spricht sie über das
Leben im Dunkeln und erzählt, warum es für sie trotzdem keinen schöneren
Ort gibt.
Frau Haldorsen, Sie leben in Bugøynes, einem norwegischen Dorf am Arktischen Ozean. Fast zwei Monate lang geht nun bei Ihnen die Sonne nicht mehr auf, und die Dämmerung wird bis zum 21. Dezember immer kürzer. Was machen Sie, um im Dunkeln nicht depressiv zu werden?
Der dunkle Winter kommt ja zum Glück nicht überraschend. In Bugøynes wissen wir, dass unsere Jahreszeiten einen anderen Rhythmus haben als in vielen anderen Teilen der Welt. Dafür haben wir im Sommer viel mehr Zeit dazu, Dinge im Hellen zu erledigen. Ich gebe zu, dass wenig Tageslicht manchmal anstrengend sein kann, aber mein Tipp ist, egal zu welcher Jahreszeit, den Tagesablauf beizubehalten. Ich stehe im Dezember zur gleichen Zeit auf wie im Juni. Und so wie ich im Sommer den Sonnenschein genieße, macht es mich im Moment fröhlich, in den frühen Abend- oder Morgenstunden ein Polarlicht am Himmel zu beobachten.
Sonnenlicht soll ja glücklich machen. In Deutschland stöhnen die Menschen, dass es im Winter häufig gar nicht richtig hell wird. Im Norden Skandinaviens gibt es oft sogar Lichtcafés oder Strandoasen. Mit denen soll auch bei monatelanger Dunkelheit das Gefühl von Sonnenlicht auf der Haut und somit Vitamin D erzeugt werden. Wie ist das bei Ihnen?
Natürlich gibt es auch bei uns im Dorf einige dieser Luxlampen, manche haben sie sogar bei sich zu Hause. Aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht so sehr daran. Ich bin mir sicher, wer zur Mittagszeit in der Dämmerung an die frische Luft geht und sich gut ernährt, braucht kein Kunstlicht, um gesund und glücklich durch den Winter zu kommen. Außerdem können wir unseren Speicher an Sonnenlicht in den Sommermonaten ja auch wieder bis oben hin auffüllen.
Bis vor ein paar Jahren waren Sie Lehrerin an der Schule in Bugøynes, mittlerweile führen Sie eine Pension und bieten Aktivitäten an. Wie häufig finden denn Touristen den Weg in Ihr Dorf?
Gar nicht so selten. Gerade junge Menschen, die nur das laute und stickige Leben aus der Stadt kennen, sind oft begeistert, wenn sie hierherkommen, in der Sauna entspannen und von dort aus direkt in den Ozean springen können. Wir leben hier in einer ganz wundervollen Umgebung mit einer einzigartigen Natur, die zu jeder Jahreszeit etwas wirklich Besonderes zu bieten hat. Das möchte ich den Menschen aus der ganzen Welt zeigen und für sie unser Dorf öffnen.
Öffnet sich die Welt damit auch etwas mehr für Sie? Von den Krisenherden der Welt sind Sie weit entfernt.
Tatsächlich ist es für uns einfach zu sagen, dass uns vieles, was auf der Welt passieren, nichts angeht. Wir leben ein stilles Leben hier, und das finde ich gut.
Sind Ihnen die Ukraine-Krise, der Terror des „Islamischen Staats" oder die Ebola-Epidemie in Afrika also egal?
Natürlich nicht, ich lese die Nachrichten manchmal ebenso entsetzt wie die Menschen überall auf der Welt. Aber ich glaube, wir brauchen nicht so viel Angst zu haben wie vielleicht viele Menschen in den großen Städten in Deutschland oder dem Rest Europas. Ein Terroranschlag oder ein Ebola-Infizierter in Bugøynes sind denn doch ziemlich unwahrscheinlich. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die Menschen die Welt und die Natur, die sie uns geschenkt hat, mehr zu schätzen wissen. Dabei geht es mir nicht mal um Krieg, Macht und Terror, sondern um die Hektik und den Streit im Alltag. Wir haben nur diese eine Erde und dieses eine Leben geschenkt bekommen. Darauf sollten wir mehr Rücksicht nehmen.
Und der Konflikt in der Ukraine? Bis nach Russland ist es von Bugøynes ein verhältnismäßig kurzer Weg.
Das ist tatsächlich ein Problem für uns. Wir verkaufen einen großen Teil unserer gefangenen Krebse und Lachse an russische Händler. Durch die europäischen Wirtschaftssanktionen ist das im Moment aber leider nicht so einfach. Dabei haben wir eigentlich eine ganz gute Beziehung zu den Russen.
Wie steht es denn mit den Beziehungen außerhalb von Bugøynes? Ihr Dorf liegt 500 Kilometer nördlich des Polarkreises, bis in die Hauptstadt Oslo ist man fast 24 Stunden mit dem Auto unterwegs. Fühlen Sie sich nicht manchmal einsam und eingeschränkt?
Nein. Ich liebe es, hier zu leben. Von Zeit zu Zeit besuche ich meine Tochter, die in Helsinki arbeitet. Außerdem reise ich auch sehr gerne - vor einigen Jahren habe ich sogar einmal in Brasilien und Chile Urlaub gemacht. Trotzdem gibt es für mich nichts Schöneres, als nach Hause zu kommen. Hier kenne ich mich aus, kenne die Menschen, und von den meisten Dingen, die ich esse, weiß ich, wie frisch sie sind und woher sie kommen.
Bei aller Liebe zur Natur: Verspüren Sie nicht trotzdem manchmal den Drang, sich einfach eine Pizza zu bestellen oder in das nächste Fast-Food-Restaurant um die Ecke zu gehen?
Auf gar keinen Fall. Ich habe einmal einen Burger von einer großen Restaurantkette gegessen und werde das nicht noch mal tun. Aber wenn Sie ein paar von den jungen Menschen bei uns aus dem Dorf fragen würden - die würden Ihnen wahrscheinlich eine andere Antwort geben.
Frau Haldorsen, Sie leben in Bugøynes, einem norwegischen Dorf am Arktischen Ozean. Fast zwei Monate lang geht nun bei Ihnen die Sonne nicht mehr auf, und die Dämmerung wird bis zum 21. Dezember immer kürzer. Was machen Sie, um im Dunkeln nicht depressiv zu werden?
Der dunkle Winter kommt ja zum Glück nicht überraschend. In Bugøynes wissen wir, dass unsere Jahreszeiten einen anderen Rhythmus haben als in vielen anderen Teilen der Welt. Dafür haben wir im Sommer viel mehr Zeit dazu, Dinge im Hellen zu erledigen. Ich gebe zu, dass wenig Tageslicht manchmal anstrengend sein kann, aber mein Tipp ist, egal zu welcher Jahreszeit, den Tagesablauf beizubehalten. Ich stehe im Dezember zur gleichen Zeit auf wie im Juni. Und so wie ich im Sommer den Sonnenschein genieße, macht es mich im Moment fröhlich, in den frühen Abend- oder Morgenstunden ein Polarlicht am Himmel zu beobachten.
Sonnenlicht soll ja glücklich machen. In Deutschland stöhnen die Menschen, dass es im Winter häufig gar nicht richtig hell wird. Im Norden Skandinaviens gibt es oft sogar Lichtcafés oder Strandoasen. Mit denen soll auch bei monatelanger Dunkelheit das Gefühl von Sonnenlicht auf der Haut und somit Vitamin D erzeugt werden. Wie ist das bei Ihnen?
Natürlich gibt es auch bei uns im Dorf einige dieser Luxlampen, manche haben sie sogar bei sich zu Hause. Aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht so sehr daran. Ich bin mir sicher, wer zur Mittagszeit in der Dämmerung an die frische Luft geht und sich gut ernährt, braucht kein Kunstlicht, um gesund und glücklich durch den Winter zu kommen. Außerdem können wir unseren Speicher an Sonnenlicht in den Sommermonaten ja auch wieder bis oben hin auffüllen.
Bis vor ein paar Jahren waren Sie Lehrerin an der Schule in Bugøynes, mittlerweile führen Sie eine Pension und bieten Aktivitäten an. Wie häufig finden denn Touristen den Weg in Ihr Dorf?
Gar nicht so selten. Gerade junge Menschen, die nur das laute und stickige Leben aus der Stadt kennen, sind oft begeistert, wenn sie hierherkommen, in der Sauna entspannen und von dort aus direkt in den Ozean springen können. Wir leben hier in einer ganz wundervollen Umgebung mit einer einzigartigen Natur, die zu jeder Jahreszeit etwas wirklich Besonderes zu bieten hat. Das möchte ich den Menschen aus der ganzen Welt zeigen und für sie unser Dorf öffnen.
Öffnet sich die Welt damit auch etwas mehr für Sie? Von den Krisenherden der Welt sind Sie weit entfernt.
Tatsächlich ist es für uns einfach zu sagen, dass uns vieles, was auf der Welt passieren, nichts angeht. Wir leben ein stilles Leben hier, und das finde ich gut.
Sind Ihnen die Ukraine-Krise, der Terror des „Islamischen Staats" oder die Ebola-Epidemie in Afrika also egal?
Natürlich nicht, ich lese die Nachrichten manchmal ebenso entsetzt wie die Menschen überall auf der Welt. Aber ich glaube, wir brauchen nicht so viel Angst zu haben wie vielleicht viele Menschen in den großen Städten in Deutschland oder dem Rest Europas. Ein Terroranschlag oder ein Ebola-Infizierter in Bugøynes sind denn doch ziemlich unwahrscheinlich. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die Menschen die Welt und die Natur, die sie uns geschenkt hat, mehr zu schätzen wissen. Dabei geht es mir nicht mal um Krieg, Macht und Terror, sondern um die Hektik und den Streit im Alltag. Wir haben nur diese eine Erde und dieses eine Leben geschenkt bekommen. Darauf sollten wir mehr Rücksicht nehmen.
Und der Konflikt in der Ukraine? Bis nach Russland ist es von Bugøynes ein verhältnismäßig kurzer Weg.
Das ist tatsächlich ein Problem für uns. Wir verkaufen einen großen Teil unserer gefangenen Krebse und Lachse an russische Händler. Durch die europäischen Wirtschaftssanktionen ist das im Moment aber leider nicht so einfach. Dabei haben wir eigentlich eine ganz gute Beziehung zu den Russen.
Wie steht es denn mit den Beziehungen außerhalb von Bugøynes? Ihr Dorf liegt 500 Kilometer nördlich des Polarkreises, bis in die Hauptstadt Oslo ist man fast 24 Stunden mit dem Auto unterwegs. Fühlen Sie sich nicht manchmal einsam und eingeschränkt?
Nein. Ich liebe es, hier zu leben. Von Zeit zu Zeit besuche ich meine Tochter, die in Helsinki arbeitet. Außerdem reise ich auch sehr gerne - vor einigen Jahren habe ich sogar einmal in Brasilien und Chile Urlaub gemacht. Trotzdem gibt es für mich nichts Schöneres, als nach Hause zu kommen. Hier kenne ich mich aus, kenne die Menschen, und von den meisten Dingen, die ich esse, weiß ich, wie frisch sie sind und woher sie kommen.
Bei aller Liebe zur Natur: Verspüren Sie nicht trotzdem manchmal den Drang, sich einfach eine Pizza zu bestellen oder in das nächste Fast-Food-Restaurant um die Ecke zu gehen?
Auf gar keinen Fall. Ich habe einmal einen Burger von einer großen Restaurantkette gegessen und werde das nicht noch mal tun. Aber wenn Sie ein paar von den jungen Menschen bei uns aus dem Dorf fragen würden - die würden Ihnen wahrscheinlich eine andere Antwort geben.
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