Der Historiker und Journalist Rutger Bregman setzt sich in seinem neuen Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. Anders als in der westlichen Denktradition angenommen ist der Mensch seinen Thesen nach nicht böse, sondern im Gegenteil: im Grunde gut. Sarah Kröger hat das Buch gelesen und stellt es vor:
Im Buch werden einige bekannte Studien, die das Grausame im Menschen belegen sollen, als manipuliert entlarvt. Das Stanford-Prison-Experiment zum Beispiel, bei dem vor fast 50 Jahren eine Gruppe Studierender in einem fiktiven Gefängnis andere Studierende bewachten. Als das Experiment nach ein paar Tagen eskalierte - einige Wärter zeigten sadistische Verhaltensweisen, manche der Gefangenen erlitten emotionale Zusammenbrüche - wurde es wieder abgebrochen. Die Erklärung, die damals alle erschütterte: Wir sind alle zu furchtbaren Dingen imstande, wenn wir in die passende Situation geraten. Erst viele Jahre später wurden die Original-Tonbandaufnahmen zugänglich, aus denen ersichtlich wurde, dass die Wächter immer wieder dazu angehalten wurden, möglichst gnadenlos zu sein. Einige der Mitwirkenden bezeichneten das Experiment später sogar als „zielgerichtetes Impro-Theater“.
Was wäre, wenn wir vom Guten im Menschen ausgingen?
Das
Buch erschien im März 2020, als die Zahl der Corona-Infizierten in
Deutschland immer mehr stieg und Menschen zu Panikkäufen motivierte.
Doch auch das wäre kein Argument für die egoistische Natur des Menschen,
meint Rutger Bregman im Interview mit der deutschen Welle:
„Für jeden Panikkäufer gibt es tausend Krankenschwestern und Pfleger,
die bis zum Umfallen arbeiten. Für jeden Horter gibt es Tausende, die
sich in Facebook- und WhatsApp-Gruppen voller Hilfsbereitschaft in der
Nachbarschaft organisieren.“ Bregman ist fest davon überzeugt, dass wir
weiterhin an das Gute im Menschen glauben sollten und sogar müssen, wenn
wir wollen, dass sich die Gesellschaft zum Besseren verändert. „Was,
wenn Schulen und Unternehmen, Ministerien und Regierungen vom Guten im
Menschen ausgingen?“, fragt er.
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