2 subscriptions and 3 subscribers
Article

Der Begriff "Naturkosmetik" ist nicht geschützt – wie also welche erkennen?

Quelle: Unsplash/Joanna Kosinska

Naturkosmetik darf theoretisch jeder auf seine Produkte schreiben. Denn der Begriff ist gesetzlich nicht geschützt. Auf welche Werbemaschen man achten sollte und welche Siegel beim Erkennen zertifizierter Naturkosmetik helfen. Ein Überblick. 

Wo Naturkosmetik draufsteht, ist auch zertifizierte Naturkosmetik drin? Falsch. Denn der Begriff "Naturkosmetik" ist nicht gesetzlich geschützt, informiert die Verbraucherzentrale. Dementsprechend dürften Hersteller grundsätzlich jedes Produkt so deklarieren. Und das, obwohl vielleicht nur ein geringer Prozentsatz der Creme oder des Shampoos tatsächlich aus natürlichen, umweltverträglichen Stoffen besteht oder sogar es Mikroplastik enthält.

Auf welche Werbemaschen man besser nicht reinfallen sollte, berichtet die Verbraucherzentrale. "Kosmetik mit Abbildungen von Pflanzen oder Früchten auf der Packung kann trotzdem überwiegend aus chemisch-synthetischen Substanzen wie Kunststoffen oder Silikonöl bestehen", schreibt sie auf ihrer Website und kritisiert: "Die Kosmetikwerbung gaukelt uns selbst noch bei chemischen Oxidationshaarfarben Natürlichkeit vor, indem Bilder von Pflanzen und Ölen auf der Packung abgebildet werden." Außerdem: Naturkosmetik sei nicht zwangsläufig aus biologischem Anbau. "Wer Biokosmetik wünscht, sollte nach entsprechender Kennzeichnung in der Liste der Inhaltsstoffe suchen", rät die Verbraucherzentrale.

Kriterien für Naturkosmetik: Inhaltsstoffe aus Bioanbau und keine Silikone

Wer sich zertifizierte Naturkosmetik und eines der gängigen Siegel auf die Packung drucken will, muss laut der Verbraucherzentrale im Regelfall folgende Kriterien erfüllen: Stoffe, die auf Erdöl oder Silikonen basieren, haben in solchen Produkten nichts zu suchen, ebenso wie auf Mineralöl basierendes Mikroplastik und diverse Konservierungsstoffe. Nur sehr wenige chemisch hergestellte Stoffe seien erlaubt, darunter einige Pigmente und naturidentische Konservierungsstoffe. Je nach Siegel müsse zudem wenigstens ein Teil der Inhaltsstoffe aus Bioanbau stammen.

Für Tierversuche gelten laut der Verbraucherzentrale bei einigen Siegeln strengere Regelungen, als es das Gesetz vorschreibt. Inwieweit Wissenschaftler Tiere für ihre Forschung verwenden dürfen, regelt das Tierschutzgesetz. Darin steht: "Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika sind grundsätzlich verboten." Ausnahmen seien durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates möglich, um "konkrete Gesundheitsgefährdungen abzuwehren" oder wenn die notwendigen neuen Erkenntnisse nicht auf andere Weise erlangt werden könnten. Seit 2013 dürfen in der gesamten Europäischen Union keine Kosmetika mehr verkauft werden, die selbst oder deren Bestandteile an Tieren getestet worden sind.

Allerdings gebe es noch einige Schlupflöcher, kritisiert der Deutsche Tierschutzbund. So würden die Tierversuchsverbote nur für neue Produkte und Inhaltsstoffe gelten. Außerdem beziehe sich die EU-Verordnung nur auf Inhaltsstoffe, die ausschließlich für kosmetische Zwecke eingesetzt werden. Chemische Substanzen, die auch in Reinigungsmitteln oder Medikamenten zu finden seien, könnten also weiterhin an Tieren getestet werden und trotzdem in Kosmetika landen.

Natrue und BDIH: Auf vertrauenswürdige Siegel achten

Wer aktuell sicher gehen will, dass ein Produkt wirklich nachhaltig ist, kann sich an Naturkosmetiksiegeln orientieren. Doch auch hier müssen Konsumentinnen und Konsumenten wachsam sein. So manches angeblich grüne Siegel hat viel zu lasche Kriterien - und manche Unternehmen erfinden eigene Label, damit sich ihre Produkte besser verkaufen. Als vertrauenswürdig und besonders etabliert gelten beispielsweise Natrue und BDIH (Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen). Auf diese beiden Siegel weist auch die Verbraucherzentrale hin.

Die Kriterien des Natrue-Labels sind recht streng: Es ist nicht möglich, nur ein einziges Produkt zertifizieren zu lassen, bei der Prüfung wird immer die gesamte Kosmetikserie berücksichtigt. Nur, wenn mindestens 75 Prozent davon dem Natrue-Standard entsprechen, darf das Siegel verwendet werden - und nur auf den Produkten der Serie landen, die den Natrue-Kriterien entsprechen. Verwendete Substanzen müssen zu 100 Prozent natürlich, naturnah oder naturidentisch sein. Gentechnik ist nicht erlaubt. Es gibt drei Arten, die eigenen Produkte mit dem Siegel zertifizieren zu lassen: als Naturkosmetik, Naturkosmetik mit organischem Anteil (mehr als 70 Prozent biologische Inhaltsstoffe) oder als Biokosmetik (mehr als 95 Prozent biologische Inhaltstoffe). Ausführliche Informationen gibt es auf www.natrue.org.

BDIH-Siegel: Kein Einsatz von künstlichen Duftstoffen, Silikonen und Erdölprodukten erlaubt

Pflanzliche Rohstoffe müssen beim BDIH-Siegel aus zertifiziertem, ökologischem Ausgangsmaterial stammen. Tierische Rohstoffe sind erlaubt, wenn sie von lebenden Tieren stammen, beispielsweise Honig oder Milch. Den Einsatz von organisch-synthetischen Farbstoffen, künstlichen Duftstoffen, Silikonen und Erdölprodukten erlaubt das BDIH-Siegel nicht. Mehr Informationen findet man unter www.kontrollierte-naturkosmetik.de.

Seit 2017 hat sich das Aussehen des BDIH-Labels geändert. Das liegt daran, dass die europäischen Naturkosmetiksiegel BDIH, Ecocert, Cosmebio, Icea und Soil Association einen gemeinsamen Standard namens Cosmos entwickelt haben. So soll es für Verbraucher einfacher werden, zertifizierte Naturkosmetik oder Biokosmetik zu erkennen.


Original