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Column

Essay zur Ten-Years-Challenge: Lieber kein Masterplan

Vor zehn Jahren fing es an, dass Erwachsene fragten, was ich werden wolle. Mein fünfzehnjähriges Ich antwortete wie John Lennon: „Glücklich“. In der Findungsphase zwischen Kind und junger Frau hatte ich andere Prioritäten als den Berufs- und Studienführer der Agentur für Arbeit durchzuwälzen. Zugegebenermaßen machte mir das Sorgen. Ich wollte gut sein. Nur wusste ich gar nicht, worin. Ich sehnte mich nach einem Plan – etwas, das zu mir passte.

In der Schule war ich still, aber fleißig. Nachmittags las ich Romane oder übte mit  Kumpels Skateboard fahren. Wir stromerten durch das Dorf und den Wald. Mit einem Teil meiner Freundinnen quatschte ich nächtelang in zu Matratzenlagern umgebauten Kinderzimmern. Mit anderen feierte ich die ersten Hauspartys, trank heimlich sauren Schnaps und schminkte mir die Augenlider zu dunkel.

Alte Songs rauskramen

Besonders punkig oder aufmüpfig war ich nicht, aber mochte den rotzigen und wütenden Klang von Billy Talent und Green Day. Ich hörte auch viel deutsche Musik – und schickte Freunden bei ICQ Lieder von Clueso oder Madsen mit dem Appell, doch mal bitte richtig auf den Text zu hören. Will ich wissen, wie ich mich vor zehn Jahren fühlte, brauche ich nur nach alten Songs zu kramen. Ohne Kopfhörer verlasse ich das Haus bis heute nicht.

Aber schließlich wälzte ich doch den Studienführer und begann, als Journalistin Geschichten anderer Menschen aufzuschreiben. Ein Vorteil in diesem Beruf: Man lernt die unterschiedlichsten Menschen und Perspektiven kennen. Irgendwannwar mir klar, die Suche nach dem Masterplan war einfach nur stressig. Heute halte ich es simpel. Was sich gut anfühlt, ist es auch.

Bildquelle: Unsplash