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Autoreifen: Verbände fordern Maßnahmen für weniger Abrieb - WELT

Der Reifenabrieb ist Hauptverursacher für den Kunststoff in der Umwelt. Noch vor der Abfallentsorgung. Deshalb fordern Umweltverbände drastische Maßnahmen von der Bundesregierung: Zum Beispiel Tempolimits - und ein SUV-Verbot.

Bei der Umweltschädlichkeit von Autos denken viele an die CO2-Emissionen, der Abrieb der Reifen wird meistens vernachlässigt. Dabei ist er Hauptverursacher für das Problem von Mikroplastik in der Umwelt.

Dagegen will ein Bündnis von Umweltorganisationen und weiteren Verbänden nun vorgehen, darunter auch Greenpeace, der BUND und die Deutsche Umwelthilfe. In einem Forderungskatalog an die Bundesregierung riefen sie am Mittwoch in Berlin zu drastischen Maßnahmen auf, die vor allem Kraftfahrzeuge betreffen.

Unter den 15 Forderungen, die eine Reduzierung der Kunststoffproduktion und des Verpackungsmülls vorsehen, verlangt das Bündnis außerdem Geschwindigkeitsbegrenzungen und Gewichtsreduzierungen bei Kraftfahrzeugen bis hin zu einem SUV-Verbot, um den Reifenabrieb zu reduzieren.

Laut einer Untersuchung von 2018 des Fraunhofer Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik ist der Reifenabrieb der größte Grund von Mikro- und Makroplastik in der Umwelt. Demnach entfielen rund ein Drittel der Mikroplastik-Emissionen von 330 000 Tonnen in Deutschland jedes Jahr auf den Abrieb von Reifen.

Pkw sind demnach Hauptverursacher für Kunststoffe in der Umwelt. Während Pkw für mehr als 81 Prozent der Belastung durch Reifenabrieb verantwortlich sind, fällt der Anteil von Fahrrädern, Motorrädern und Skateboards wesentlich geringer aus.

Der deutsche Bundesbürger verursacht laut Fraunhofer-Studie pro Jahr 1.228,5 Gramm Mikroplastik durch Reifenabrieb. Damit stehen Fahrzeuge an erster Stelle der Verursacher, noch vor der Abfallentsorgung.

Laut der Fraunhofer-Untersuchung werde das Mikroplastik, das sich auf den Straßen befindet, vor allem durch Niederschlag in die Kanalisation und damit in die Umwelt gespült. Kläranlagen hielten zwar bis zu 95 Prozent des Plastiks zurück, der Rest gelange jedoch über Klärschlamm in die Landwirtschaft und damit langfristig in die Umwelt.

Das Bündnis aus Umweltverbänden fordert auch ein Ziel zur Abfallvermeidung bis 2030 von maximal 90 Kilogramm pro Jahr festzulegen - derzeit seien es 230 Kilo pro Kopf und Jahr. Zudem müsse es eine gesetzliche Schadenshaftung nach dem Verursacherprinzip geben. Hersteller sollen für Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschäden ihrer Produkte verantwortlich gemacht werden.

Der ADAC hält ein Verbot bestimmter Fahrzeugklassen grundsätzlich nicht für sinnvoll. „Wenn sich herausstellt, dass Reifenabrieb ein untragbar großes Umweltproblem darstellt, lässt sich das Problem nicht mit dem Verbot einer Fahrzeugklasse lösen, sondern durch Maßnahmen für weniger Reifenabrieb bei allen Pkw sowie bei Lkw und Bussen", so der Automobilclub.

Auf Nachfrage beim Umweltbundesamt (UBA) heißt es, dass es gute Gründe gäbe für ein Tempolimit, die Belastung durch Mikroplastik sei aber nicht unbedingt Teil davon. Man kritisiere vielmehr die starke Gewichtszunahme von Fahrzeugen.

„Ist die Gesamtmasse, die beschleunigt und gebremst werden muss, besonders hoch, ist auch der Reifenabrieb groß. Schlussendlich führt eine höhere Masse auch zu einem höheren Verbrauch", sagt Martin Lange vom UBA. Auch die Leistung habe Einfluss, denn je höher sie ist, desto mehr Reifenabrieb und damit Mikroplastik gibt es bei der Beschleunigung und beim Bremsen.

Continental hält diesen Ansatz für schwierig, es gebe immerhin viele Faktoren, die den Abrieb beeinflussen. „Reifen gehören ebenso dazu wie Straße, Fahrzeug und Fahrer. Deshalb muss es einen ganzheitlichen Lösungsansatz geben, der neben Reifen auch die anderen Stellschrauben berücksichtigt", sagt Konzernsprecherin Cordula Ressing.

Continental beteilige sich bereits an Studien, um herauszufinden, welche Einflussfaktoren es noch gibt. Ressing sagt: „Auch das Fahrverhalten ist wichtig. Wer kurz vor einer roten Ampel Gas gibt und wieder abbremst, erzeugt mehr Reibung und dadurch auch mehr Mikroplastik und Emission."

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