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Insektensterben in Deutschland: Sieh mal, was da - noch - krabbelt

33.000 Insektenarten summen und krabbeln in deutschen Wäldern und Wiesen. Manche Arten vermehren sich zwar - nicht immer zur Freude des Menschen. Doch die Vielfalt ist bedroht.


Sie sind nicht immer gern gesehene Gäste in Heim und Garten. Trotzdem sind sie für unser Ökosystem unentbehrlich: Insekten. Doch viele Insektenarten sind bedroht. Nachdem es im letzten Jahr einer Gruppe von Forschern gelang, das Massensterben der Kleintiere mit Zahlen zu belegen, ist Insektensterben das große Thema für Umweltschützer, Landwirtschaft und Politik. Nach der Studie des Entomologischen Vereins Krefeld sind in den letzten 25 Jahren insgesamt 75 Prozent der fliegenden Insekten verschwunden.


Nicht nur für andere Tiere, sondern besonders für den Menschen ist das Verschwinden der Insekten dramatisch. Erst kürzlich zeigte der Supermarkt-Discounter Penny in einer Filiale in Hannover, was passiert, wenn keine Biene mehr über die Felder summt. Das Ergebnis: Leere Supermarktregale, wo rund 60 Prozent der Produkte fehlten. Ohne Insekten keine Bestäubung, ohne Bestäubung keine Früchte.


Naturschutzbund ruft zur Insektenzählung auf


Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat nun zu einer Zählaktion aufgerufen. Beim "Insektensommer" sollen Ehrenamtliche eine Stunde lang an einem eng begrenzten Beobachtungsort ihrer Wahl alle Insekten zählen, die daher fliegen oder krabbeln. "Bei solchen Citizen-Science-Projekten, bei denen wir auf die Mithilfe von Bürgerinnen und Bürgern angewiesen sind, können wir nicht überprüfen, ob bei der Zählung Fehler gemacht wurden. Aber wir können einen Überblick erhalten und Menschen dazu bringen, sich mit ihrer Umwelt zu beschäftigen", sagt NABU-Pressesprecherin Kathrin Klinkusch. 


Ähnliches sagt auch Sven Klimpel, Professor am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Frankfurter Goethe-Universität, zur Schwierigkeit und dem Nutzen solcher Aktionen: "Von diesen einzelnen Zählungen auf den Insektenbestand in ganz Deutschland zu schließen, ist schwierig. Es handelt sich lediglich um eine Momentaufnahme. Trotzdem sind Aktionen wie diese gut, um die Bevölkerung auf das Thema Insektensterben aufmerksam zu machen."


Beste Lebensbedingungen für Stechmücken


Doch nicht alle Insektenarten sind davon gleichermaßen betroffen: "Man muss ein wenig differenzieren", sagt Klimpel. "Es gibt einige Arten, die tatsächlich stark vom Insektensterben betroffen sind, zum Beispiel Schmetterlinge, Hummeln und Bienen. Andere Insekten wie Stechmücken haben exzellente Lebensbedingungen und sind daher nicht unmittelbar betroffen." Ausschlaggebend seien vor allem die Möglichkeiten, die die Insekten zur Nahrungsbeschaffung haben. Während sich Stechmücken vom Blut des Menschen ernähren können, sind Bienen auf Blütennektar angewiesen.


Der NABU macht unter anderem den Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft für das Verschwinden der Kleintiere verantwortlich. Solche Mittel würden nicht nur gegen landwirtschaftliche Schädlinge wirksam sein, sondern auch gegen unschädliche Tiere wie Honigbienen. Die Politik hat darauf reagiert: Im April stimmten die EU-Staaten einem Verbot für drei bienenschädliche Insektengifte zu. Doch auch der Bau von Straßen, Wohn- und Industriegebieten nehme der Natur die Fläche, auf der Nahrung für Insekten wachsen könnte, berichtet der NABU.


Jeder kann kleinen Beitrag leisten


Indem man den Insekten Nahrungsquellen bietet, kann laut ZDF-Pflanzenexperte Elmar Mai jeder einen kleinen Beitrag leisten. Ein blühender Balkon oder Garten sieht nicht nur schön aus, sondern hilft auch den Insekten: "Viele Pflanzen, die auf dem Balkon attraktiv und pflegeleicht sind, eignen sich auch für Insekten optimal. Wichtig ist zudem: Je vielfältiger die Balkonkästen bepflanzt sind, desto größer ist das Spektrum der geförderten Insekten." Pestizide sollte man auf dem Balkon nicht benutzen.


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