DARMSTADT. „Ich will mein Abonnement kündigen. Ist das auf diesem Wege möglich? Bitte um kurze Rückmeldung.“ Drei Sätze, die das Leben zweier Bühnencharaktere ordentlich durcheinanderwirbeln werden. Emmi Rothner landet mit ihrer harmlosen Kündigungsmail nämlich nicht wie ursprünglich geplant beim fiktiven Like-Verlag, sondern bei Leo Leike, der diese Art E-Mail nicht zum ersten Mal bekommt. Der Beginn eines zunächst harmlosen Gesprächs.
Der Dialog entwickelt sich über fast ein Jahr
Der E-Mail-Dialog, den die beiden Schauspieler alles andere als eintönig auf der Bühne präsentieren, entwickelt sich über fast ein Jahr, und irgendwann sind Emmi und Leo aus dem Leben des anderen nicht mehr wegzudenken, sogar ernsthaft ineinander verliebt. Stephanie Meisenzahl, neu im Ensemble des Theater Curioso, dem Darmstädter Publikum aber aus ihrer Zeit am Tap bekannt, spielt die Emma Rothner in ihrer ganzen Zerrissenheit – als glückliche Ehefrau und Ersatzmama auf der einen Seite, als frisch verliebte Emmi, oft euphorisch und unsicher zur gleichen Zeit, auf der anderen.
Zunächst ist Emmi für Leo, der gerade an einer Studie zum Sprachverhalten in E-Mails arbeitet, mehr Forschungsinteresse, dann Verarbeitungstherapie seiner letzten Beziehung, irgendwann eine Art Telefonsex – ohne Telefon und auch ohne Sex. Denn treffen werden sich die beiden bis zum Schluss nicht. Michael Ihringer spielt einen Leo von nebenan, den sich wohl jede Frau als Brieffreund wünschen würde: Klug, einfühlsam und überaus witzig bringt er es, ohne es darauf anzulegen, soweit, dass Emmi ihm ihre Liebe gesteht und ihr Leben für ihn umkrempeln würde, auch wenn sie im letzten Moment zögert.
Das Bühnenbild der Inszenierung von Curioso-Gründer Ulrich Sommer besteht aus sechs schlichten grau-bezogenen Pols-terwürfeln, die mal als Stuhl, mal als Bett, mal als Schreibtisch dienen. Nach einem großen Streit gleich zu Beginn des zweiten Akts, in dem Emmi Leo vorwirft, sie lediglich als Testobjekt für seine Studie zu missbrauchen, bauen die beiden aus den Würfeln eine Mauer auf, die sie wenige Momente später wieder einreißen und sich nach dem klärenden Gespräch liebevoll eine gute Nacht wünschen. Als wichtigster Mensch im Leben des anderen. Ohne sich nur einmal in die Augen zu sehen.
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