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Feiern will gelernt sein

Wer sich im Berliner Nachtleben noch nicht auskennt, kann schnell enttäuscht werden. Von Salomé Stühler

Spießige Salsathek trotz Kuba-Flaggen

Vereinzelt wiegen sich Pärchen eng aneinandergeschmiegt auf der Tanzfläche. In kleinen Schritten tanzen sie zu Salsa-Klassikern, deren Rhythmus direkt in die Beine geht. Trotz der geringen Anzahl an Tänzern bieten sie einen Querschnitt durch alle Niveaus: vom Lateinamerikaner, der sich so natürlich aus der Hüfte bewegt, wie man es bei deutschen Männern nur selten beobachtet, bis hin zu Salsa-Tanzschülern, die mit sichtlicher Freude das Gelernte ausprobieren - teilweise zwar etwas abseits vom Takt, doch dafür umso enthusiastischer.

Auf der Website weckt das MiSalsa am U-Banhof Richard-Wagner-Platz große Erwartungen: „Fühl dich wie in Lateinamerika". Genau dieses Gefühl der sommerlichen Leichtigkeit suche ich im nasskalten deutschen Herbst. Zunächst macht das MiSalsa einen guten ersten Eindruck auf mich: Die Salsathek spielt nicht nur Salsa, sondern auch Bachata, Merengue und Salsatón, eine noch neue Mischung aus Salsa und Reggaeton.

An der Bar servieren spanischsprachige Barkeeper mit andinen Gesichtszügen dem gemischten Publikum günstige Getränke und die Tanzfläche ist angenehm klein. Zusammen mit dem schummrig-roten Licht entsteht so das Flair einer heimeligen Salsathek statt eines anonymen Dancefloors.

Leider bleibt die Salsathek an diesem Abend nur spärlich besucht. Die anwesenden Gäste tanzen zwar unermüdlich, doch das versprochene lateinamerikanische Feeling will nicht aufkommen. Die kubanischen, peruanischen und ecuadorianischen Flaggen als Dekor wirken ein bisschen bemüht und können das spießige Flair West-Berlins nicht vertreiben. Ich fühle mich eindeutig in Deutschland. Noch dazu erinnert der Tanzsaal mit der rotgestrichenen Raufaser, den Lichterketten und sogar einer Diskokugel eher an den heimischen Partykeller im westfälischen Elternhaus als an eine Salsateca in wärmeren Gefilden.

Der Abend bleibt leider ziemlich eintönig. Die Leere der Diskothek lässt keine Stimmung aufkommen, obwohl vor allem die musikalischen Voraussetzungen gut sind. Wer nichts gegen einen kleinen Laden hat, der eher heimelig als hip ist, dem sei es hiermit dennoch ans Herz gelegt, das MiSalsa an einem anderen Abend auszuprobieren. Am besten dann, wenn der Saal vollgestopft ist, sich alle im gleichen Rhythmus bewegen und die Schwüle der Luft den deutschen Herbst vergessen macht.

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