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Medizinstudium: Der Preis ist heiß

Um einen Studienplatz in Medizin zu bekommen, hat Sascha Dietrich fast 1.000 Euro ausgegeben. So viel kosteten ihn die Zugfahrten von seinem Wohnort, einer kleinen Gemeinde in Osthessen, nach Kassel, nach Österreich und zweimal nach Hamburg. Dazu noch die Übernachtungen und die Gebühren für die Eignungstests - "das läppert sich zusammen", sagt er. Hätte er die Tests nicht bestanden, hätte er sich dennoch nach einer Alternative umsehen müssen, dann wäre die Investition vergebens gewesen.

Als Sascha Dietrich 2016 die Tests ablegte, war der Hamburger Naturwissenschaftstest, HAM-Nat genannt, noch kostenlos. Das will die Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) jetzt ändern: Künftig soll der Test 35 Euro kosten - vielleicht sogar mehr. "Durch die aktuelle Corona-Pandemie kann die Gebühr etwas teurer werden", sagt ein Sprecher der Wissenschaftsbehörde. Grund sei der größere Platzbedarf, um Hygiene- und Abstandsregeln umzusetzen. Dennoch solle der Betrag "spürbar unter 100 Euro liegen". Am Mittwoch entscheidet die Bürgerschaft darüber, ob der Test kostenlos bleibt - oder nicht. Studierende versuchen, die Gebühr zu verhindern.

35 Euro - das ist ein kleiner Betrag. Doch er steht für die große Frage nach Bildungsgerechtigkeit. Mehrere Studierendenverbände werfen dem Hamburger Senat vor, den Zugang zu universitärer Bildung schwerer und ungerechter zu machen. Außerdem breche die Gebühr den Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen. Dort steht: "Echte Chancengerechtigkeit braucht kostenfreie Bildung. Deshalb setzen wir uns (...) dafür ein, bessere Rahmenbedingungen für Studierende zu schaffen." Fegebanks Behörde sieht darin keinen Widerspruch zum Koalitionsvertrag. "Denn mit der Gebühr wird nicht die universitäre 'Bildung' bezahlt, sondern lediglich die Eignung vor Beginn des Studiums überprüft", teilt die Wissenschaftsbehörde mit.

Der Senat plant, dafür sogar das Hamburger Hochschulgesetz zu ändern. Ein entscheidender Satz soll hinzukommen: "Die Hochschulen können für besondere Leistungen im Rahmen der Hochschulzulassung (...) Gebühren erheben." Ein Test für das Medizinstudium wäre eine solche besondere Leistung. Für die Wissenschaftsbehörde ist es eine Verwaltungsgebühr. Der zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) sieht darin eine vorgelagerte Studiengebühr. "Die im Koalitionsvertrag beschriebene Chancengerechtigkeit wird förmlich mit Füßen getreten", schreibt der überparteiliche Dachverband der Studierendenvertretungen. Paul Klär, Vorstandsmitglied des fzs, erklärt: "Beide Regierungsparteien sind gegen Studiengebühren und versuchen den Test als Verwaltungsgebühr zu verkaufen." Er hat Briefe an alle Fraktionen der Bürgerschaft geschrieben, sich darin vehement gegen die Gebühr ausgesprochen und selbst erstellte Flyer mitgeschickt. Unter den Adressaten war auch Katharina Fegebank. Doch die Wissenschaftssenatorin reagierte nicht.

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