Queere Menschen sollen bald leichter Blut spenden können. Der Aktivist Lucas Hawrylak hat lange dafür gekämpft. Warum er mit den neuen Regeln trotzdem unzufrieden ist.
Lucas Hawrylak ist Blutspendeaktivist. Er will Regeln, die queere Menschen nicht mehr stigmatisieren. Bald könnte es so weit sein: Eine Arbeitsgruppe um das Gesundheitsministerium und die Bundesärztekammer hat vorgeschlagen, dass schwule, bi- und transsexuelle Menschen ab September Blut spenden dürfen, wenn sie vier Monate lang keinen Sex oder keine wechselnden Sexualpartner hatten. Bislang müssen sie nach jedem Sexualkontakt ein Jahr warten.
ZEIT CAMPUS: Ab Herbst könnten die Blutspenderegeln für queere Menschen gelockert werden. Ist dein Kampf für faire Blutspenden damit beendet?
Lucas Hawrylak: Auf gar keinen Fall. Die Diskriminierung wird nur weicher gemacht. Klar ist es schön, wenn monogam lebende Paare dann Blut spenden dürfen. Aber schwulen, bisexuellen oder transgeschlechtlichen Singles wird auch mit den neuen Regeln noch vorgeworfen, dass sie eine Risikogruppe sind. Dass sie gefährlich sind, wenn sie Sex hatten, selbst wenn es nur mit einer Person war. Bei Heteros ist das nicht so.
Lucas Hawrylak,
29, ist Aktivist für queere Rechte und wissenschaftlicher Mitarbeiter eines SPD-Abgeordneten im Bundestag. Vor einem Jahr startete er eine Petition gegen die Einschränkungen bei der Blutspende für Schwule, Bi- und Transsexuelle.
ZEIT CAMPUS: Wie müsste eine diskriminierungsfreie Blutspende aussehen?
Lucas: Es sollte eine Sperre von drei Monaten für Menschen geben, die ein sogenanntes Risikoverhalten aufzeigen, zum Beispiel weil sie in kurzer Zeit mit unterschiedlichen Menschen Sex hatten. Das kann jeder sein, egal ob homo, hetero, bi oder trans. England, Schottland und Wales haben vor ein paar Wochen so eine Regel eingeführt. Die Frage dazu auf dem Blutspende-Fragebogen ist ganz neutral formuliert. Es geht nur um das Risikoverhalten, nach der sexuellen Orientierung oder Identität wird gar nicht mehr gefragt. So etwas würde ich mir auch wünschen. In Deutschland dürfen queere Menschen erst seit 2017 überhaupt Blut spenden und das nur unter absurden Bedingungen.
ZEIT CAMPUS: Unter Homosexuellen ist es statistisch wahrscheinlicher, dass sie von betroffen sind. Spricht das nicht gegen weitere Lockerungen?
Lucas: Die Blutspende muss absolut sicher sein. Aber wir leben in einem Land, in dem das medizinisch und wissenschaftlich möglich ist. Man muss keine Angst haben. In Ländern wie Australien oder Portugal, wo es die diskriminierungsfreie Blutspende schon länger gibt, sieht man keine höheren HIV-Fallzahlen oder verunreinigte Blutspenden.