Wie kann ich ein Buch empfehlen, das ich selbst zwischendurch monatelang beiseitelegen musste, weil ich das Weiterlesen nicht mehr ertragen habe? Ja, dieser Beitrag hat Verspätung. Reichlich. Eigentlich sollte er zum Welternährungstag am 16. Oktober erscheinen. Nein, nicht vor einer Woche, sondern am 16. Oktober 2016. Weil ich immer noch glaube, dass zum Nachdenken übers Essen eben auch das Nachdenken darüber gehört, warum manche nichts zu essen haben.
Das ist unangenehm. Und ich kann nur meinen Hut ziehen vor Menschen wie dem argentinischen Autor Martín Caparrós, der auf der Suche nach Antworten auf ebendiese Frage dorthin gegangen ist, wo Hunger keine theoretische Möglichkeit ist, keine Metapher für die Ungleichheit auf der Welt, sondern wo er zum täglichen Leben dazugehört: in den Niger, nach Indien, Bangladesch, in den Südsudan und nach Madagaskar. Außerdem hat er sich unter den Abgehängten des Westens umgesehen, bei denen Armut nicht selten mit Fehlernährung und Fettleibigkeit einhergeht: in einem Müllkippenslum in seinem Heimatland Argentinien und in den Suppenküchen und Tafeln in den USA.
Die Beobachtungen des Autors, seine Überlegungen, seine Recherchen und Schlussfolgerungen füllen rund 840 Seiten und sind auf Deutsch unter dem Titel Der Hunger* bei Suhrkamp erschienen (aus dem Spanischen übersetzt von Sabine Giersberg und Hanna Grzimek). Wobei: „Überlegungen, Recherchen und Schlussfolgerungen" klingt, als wäre hier ein nüchtern abgeklärter Bericht entstanden, den man liest und besorgt nickend ins Bücherregal stellt. Aber Caparrós macht keinen Hehl daraus, dass ihn all das, was er dort recherchiert und erforscht, unmittelbar persönlich berührt, ja trifft. ...
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