Von Sabine Hebbelmann
Sinsheim/Rhein-Neckar. Der Naturschutzbund Deutschland unternimmt nicht nur Exkursionen in Wald und Flur. Jetzt zog es die Nabu-Gruppe Heidelberg nach Sinsheim zur Sortieranlage der AVR, des Abfallunternehmens des Rhein-Neckar-Kreises. Nabu-Mitglied Volker Violet war es wichtig zu sehen, dass und wie die Mülltrennung funktioniert und damit der verbreiteten Ansicht entgegenzutreten, dass ja doch alles in der Müllverbrennung lande.
Anschaulich wie bei der Sendung mit der Maus erläutert AVR-Abfallberaterin Angelika Kerner, wie der Inhalt der "Grünen Tonne plus" sortiert wird. Anlieferbereich ist der gesamte Rhein-Neckar-Kreis. Die Stadt Heidelberg gehöre nicht dazu, sie habe ein eigenes Abfallsystem. Statt der Grünen Tonne plus gibt es in Heidelberg die Gelbe Tonne, in die nur Verpackungen gehören.
Grüne Tonne plus heißt sie bei der AVR, weil neben Verpackungen auch Wertstoffe angenommen werden. "Hier kommt alles aus Kunststoff, Papier und Metall rein", erklärt Kerner. Die Wertstofftonne sei gar nicht so häufig. Zwar arbeite die Regierung an einem Wertstoffgesetz, das die Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne vorsieht. "Wir wissen aber noch nicht, wann es kommt und wie es aussehen wird."
Die Müllfahrzeuge werden an der Pforte gewogen und steuern dann die Sortieranlage an. Hier kommt ans Licht, was vorher im grünen Gehäuse war. Neben leeren Getränkedosen, Tetrapaks und Plastikeimern finden sich auch CDs (für die es eigene Sammlungen gibt), Holzstücke, Lumpen und manches Undefinierbare. "Da wird ja gar nichts getrennt", sagt jemand. Rund ein Viertel des Abfallaufkommens bleibe nach der Sortierung übrig und wandere in die Verbrennung, bestätigt Kerner.
"Was Sie hier alles finden, da kommen Sie in Ihren kühnsten Träumen nicht drauf", sagt sie und zählt auf: Gebrauchte Windeln, volle Staubsaugerbeutel, tote Tiere. "Wir haben sogar schon Granaten gefunden, da musste der Kampfmittelräumdienst anrücken." Die Leute verführen ganz nach dem Motto: Wir schmeißen das mal rein, die in Sinsheim sortieren ja soundso. Doch nur bei den Verpackungen ist die Entsorgung im Preis enthalten und wird über die Dualen Systeme abgerechnet. "Alles andere müssen wir selbst bezahlen." Sperrige Verpackungen werden als Erstes aussortiert, dann landen die Abfälle per Radlader auf dem Förderband.
Zwischen den Müllbergen finden sich unzählige gefüllte und zugeknotete Plastikbeutel. "Die ordentliche Hausfrau verpackt den Müll gern in Tüten", erklärt die Abfallberaterin und macht klar, warum diese für die Sortierung eine Herausforderung darstellen. Ein "Sackaufschneider", ein mit Messern bewehrtes Gerät, tut seinen Dienst. Der Inhalt der Tüten gehe wieder "zurück auf Los", erklärt Kerner.
"Bitte werfen Sie alles lose in den Abfallbehälter", appelliert sie daher an die Besucher. "Und sagen Sie das auch ihren Bekannten." Außerdem, betont sie, sollte der Müll möglichst sauber sein. Ein Joghurtbecher müsse nicht gespült werden, sollte aber löffelrein sein. Und den Aludeckel sollte man vom Plastikbecher entfernen, damit beides getrennt erfasst werden kann. Auf Nachfrage sagt sie, dass Kleidung und Schuhe für die Altkleidersammlung der AVR nicht in tragbarem Zustand sein müssen. "Wir nehmen alles." Ein Teil der Wertstoffe wird maschinell sortiert, wobei der Abfallstrom verschiedene Sortiermaschinen passiert. Ein Elektromagnet holt zunächst Eisen und Weißblech heraus. Nichtmagnetisches Metall wie Aluminium wird durch elektrostatische Aufladung herausgefischt und Kunststoff und Papier je durch speziell eingestellte Infrarotwellenlängen erkannt und durch ein Gebläse gezielt und vollautomatisch "herausgepustet".
Die Abfallberaterin bittet, keine Videokassetten oder Seidenstrümpfe in die Grüne Tonne zu geben. Denn die könnten sich in den Maschinen verwickeln und für Stillstand am Band sorgen. In der Sortierkabine ziehen endlose Ströme an den Fließbandarbeiterinnen vorbei. Es ist laut. 40 Frauen arbeiten hier in zwei Acht-Stunden-Schichten. Sie entfernen mit eiligen Bewegungen all das vom Band, was nicht Papier beziehungsweise Kunststofffolie ist. Draußen im Hof stapeln sich die Ballen mit den verschiedenen Abfallfraktionen: Tetrapaks, Kartons, Kunststofffolien oder Hartplastik gehen jeweils an verschiedene Recyclingfirmen, die sie weiterverarbeiten.
Beim Papier gebe es große Unterschiede, betont Kerner. Hochglanz-Werbeprospekte mit dicken Farbschichten ließen sich schlecht wiederverwerten, gut geeignet seien alte Zeitungen - übrigens auch zum Einwickeln der Bioabfälle.