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Uneinsichtiger Kuhquäler

Verstöße gegen das Tierschutzgesetz: Weil er seine Kühe nicht ordentlich versorgen konnte, wird einem Dithmarscher Landwirt dauerhaft verboten, Tiere zu halten

Von Ruth Schalk

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat einem Landwirt aus Dithmarschen Anfang Dezember dauerhaft verboten, Tiere zu halten. Das Urteil hat in Deutschland Seltenheitswert. „Es muss schon einiges geschehen, bevor einem Milchviehhalter in Deutschland seine Tiere entzogen werden und das auch noch bis zum Sankt Nimmerleinstag", sagt die Veterinärin und Agrarwissenschaftlerin Frigga Wirths vom Deutschen Tierschutzbund. Das komme quasi einem Todesurteil gleich, schimpft Rolf Kasten, der Anwalt des Landwirtes, der darauf geklagt hatte, wieder Tiere halten zu dürfen.

Der Milchbauer Peter D. war mehrfach durch die hohe Kälbersterblichkeit auf seinem Hof in Süderheistedt aufgefallen. Nach einer Razzia im Dezember 2014 befanden die Amtsveterinäre den Landwirt für unfähig, seine etwa 750 Tiere umfassende Milchviehherde ordentlich zu versorgen. Sie erstatteten Strafanzeige und verfügten die Auflösung des Betriebes. Mehrere Hundert Kühe mussten auf einen Schlag anderswo untergebracht werden. Bis Mai 2015 wurde der Tierbestand des Betriebes aufgelöst.

Bei einem ersten Besuch auf dem Hof 2013 hatte Amtstierärztin Christine Bothmann neben den toten Kälbern 28 weitere Mängel festgestellt, darunter verschmutzte Kälbertränken und zu breite Spaltenböden, durch die die Tiere durchtraten, sodass sie im Kot festhingen. Einer Kuh war das Horn mangels Pflege in den Schädel gewachsen, sodass dieser platzte.

Lahmende Muttertiere, entzündete Euter und unsachgemäße Klauenpflege veranlassten die Tierärztin, zusammen mit dem Ordnungsamt eine umfangreiche Mängelbeseitigung anzuordnen. Der Landwirt scherte sich nicht darum. Bei einer Razzia ein Jahr später waren die Zustände schlimmer als zuvor.

Angela Leppin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, erklärte als Vertreterin des Ordnungsamtes Bothmanns Verfügungen vor dem Verwaltungsgericht als einwandfrei. Sie habe die Fotos der Polizei gesehen: Kühe und Kälber waren abgemagert und lagen teilweise fest. Den Kälbern waren die Haxen bis auf den Knochen von Ratten abgenagt worden. Fünf Tiere mussten damals noch vor Ort getötet werden, 47 weitere Tiere brauchten dringend medizinische Hilfe.

„Derartige Zustände waren eindeutig untragbar und sofortiger Handlungsbedarf war zweifelsfrei nötig", sagte Leppin. Dem Landwirt die Tiere wegzunehmen, sei unabdingbar gewesen. Da sich die Haltungsbedingungen auf dem Hof bis heute nicht verbessert hätten, sei der Fortbestand des Tierhalteverbotes richtig.

In dem vorangehenden Strafprozess hatte das Landgericht im November 2017 bereits einen fahrlässigen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz festgestellt und den Landwirt wegen des eingewachsenen Horns zu einem Bußgeld von 2.000 Euro verdonnert. Hinzu kam ein Bußgeld von 4.200 Euro für unsachgemäße Lagerung von Müll und für Gewässerverunreinigung.

Vor dem Verwaltungsgericht argumentierte das Veterinäramt jetzt mit den Erfahrungen der Vergangenheit. Leppin verwies darauf, dass der Landwirt D. die Möglichkeit gehabt hätte, sich wieder als Tierhalter zu empfehlen, etwa durch den Umbau seiner Ställe und die sorgfältige Pflege anderer Tiere. Damit hätte er einen Wiedergestattungsantrag für seine Tierhaltung einreichen können.

Diese Gelegenheit hat Peter D. aber nicht wahrgenommen. Stattdessen klagte er auf Erstattung der Kosten für die anderweitige Versorgung der Kühe, die Auflösung des Bestandes und entgangene Gewinne bei seiner Biogasanlage sowie bei der Milchviehhaltung. Aus Sicht der Richterin ist keine Besserung in puncto Tierhaltung in Sicht. Sie schmetterte beide Klagen ab. Anwalt Kasten will beim Oberverwaltungsgericht die Berufung beantragen.

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