Vor einem Jahr ist das umstrittene Prostituiertenschutzgesetz (siehe Kasten) in Kraft getreten. Marcus Weinberg, der frauenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat das Gesetz mit entwickelt, die Sexarbeiterin Josefa Nereus ist davon direkt betroffen.
DIE ZEIT: Herr Weinberg, was soll das Prostituiertenschutzgesetz erreichen?
Marcus Weinberg: In diesem Gewerbe gibt es viel Fremdbestimmung, viel Gewalt, viel Elend. Die Aufgabe des Staates ist es, die Schwachen zu schützen. Wir können uns aber nur um sie kümmern, wenn wir wissen, dass es sie gibt. Durch die Anmeldepflicht bekommen die fremdbestimmten Prostituierten einen Zugang zum Hilfesystem. Man wird natürlich nicht sagen können, ihre Anzahl hat sich dadurch um so und so viel Prozent reduziert. So einfach ist das nicht. Aber wenn nur eine Frau, die aus der Prostitution aussteigen will, davon profitiert, hat es sich schon gelohnt.
ZEIT: Frau Nereus, wie hat das Gesetz die Sexarbeit in Hamburg verändert?
Josefa Nereus: Das Gesetz hat alle verunsichert. Viele wissen nicht, wie sie in Zukunft ihren Unterhalt verdienen sollen: Melden sie sich an, mit dem Risiko, dass ihre Daten verbreitet werden? Oder melden sie sich nicht an und gehen in die Illegalität?
Weinberg: Das Gesetz ist ja weniger für gut verdienende selbstständige Prostituierte wie Sie gemacht worden. Machen Sie Ihre Geschichten, alles wunderbar, ich wünsche Ihnen alles Gute. Das Gesetz ist für die gemacht, die keine Stimme haben, die man nicht sieht, nicht hört, die irgendwo verelenden. Ich erzähle Ihnen etwas: Ich bin im Herbst nach Bad Segeberg gefahren, zu meinen Eltern. Da standen zwei junge Damen an der Landstraße, erkennbar aus Osteuropa ...
Nereus: Wie haben Sie denn im Vorbeifahren erkannt, woher die kamen?
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