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Premiere: Linienbetrieb mit automatisiertem Bus

Test für automatiserten Busbetrieb. SAM findet seinen Weg selbst. Foto: Rüdiger Kahlke

SAM steht für „Südwestfalen Autonom & Mobil". Der Kleinbus hat den viermonatigen Probebetrieb aufgenommen. Bis Mitte Juni soll der elektrisch betriebene Shuttlebus zwischen Stadtbad und St. Gerhardushaus pendeln. Eine Premiere für Nordrhein-Westfalen. Zwei Fahrten pro Stunde Erstmals rollt damit ein weitgehend automatisiert fahrendes Fahrzeug über öffentliche, nicht gesperrte Straßen, um im Linienbetrieb Fahrgäste zu befördern. Sechs Passagiere können in dem Kleinbus Platz nehmen. Aus Sicherheitsgründen fährt jeweils ein Operator mit, der notfalls eingreifen kann.

Zweimal stündlich verbindet SAM die Einzelhandelsstandorte im Bereich Gerberstraße mit dem Stadtbad und der Sekundarschule und erschließt dabei umliegende Wohngebiete. Im Sommer soll eine ebenfalls viermonatige Testphase in Lennestadt folgen. Dabei geht es dann um die Anbindung von Wohngebieten in Hanglage an den Bahnhof, im Fachjargon „die Anbindung der letzten Meile".

Für Bürgermeister Ulrich Berghof ist es „ein guter Tag für die Stadt Drolshagen". Er hatte vor mehr als einem Jahr die Kontakte geknüpft und dafür gesorgt, dass der Kreis Olpe als Testgebiet in den Fokus rückte. Berghof freut sich, dass die bürokratischen Hürden gemeistert worden sind. Anders als in Lennestadt ist das Projekt in Drolshagen positiv aufgenommen worden.

Berghof schwärmte nach einer kurzen Testfahrt von dem „wunderbaren Gefühl" und war „überrascht, wie angenehm die Fahrt ist". Thomas Damm, stellvertretender Vorsitzender des Zweckverbandes Westfalen-Süd (ZWS), beschreibt die Tour als „komfortabel und ruhig". Selbst Unebenheiten würden gut kompensiert.

Bei der Vorstellung des Projektes in der St. Gerhardus-Caféteria waren Euphorie und Aufbruchstimmung spürbar. Berghof sprach von einer „Premiere". Erstmals werde ein „solches Fahrzeug ohne Fahrer auf öffentlichen Straßen eingesetzt". Damit sei Drolshagen „ein Eintrag in den Geschichtsbüchern zur autonomen Mobilität sicher". Er erinnerte daran, dass viel Pionierarbeit geleistet worden sei.

An Pioniergeist erinnerte auch Landrat Frank Beckehoff. Vor gut 125 Jahren sei mit der ersten motorisierten Buslinie in Südwestfalen bereits Verkehrsgeschichte geschrieben worden. Heute wolle man nochmal Pionier sein und „die Technik von morgen heute zum Einsatz bringen". Neben der Bedeutung für den öffentlichen Personennahverkehr verwies Beckehoff auch auf die Bedeutung der Technik für die zahlreichen Automobil-Zulieferer in der Region.

Thomas Damm sieht in dem Test eine Chance für neue Verkehrskonzepte im ländlichen Raum. Dass die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe hier eng kooperierten, zeige das Kennzeichen SI-OE 2020. Damm hofft, dass das Angebot rege genutzt wird. In der Testphase ist das Mitfahren kostenfrei.

Bundesweit nimmt der ZWS mit SAM eine Vorreiterolle ein. Damm geht davon aus, dass sich „mittelfristig völlig neue Perspektiven für den ÖPNV auf dem Land eröffnen". Aber: etwas Geduld ist schon noch nötig. Mit einem Alltagsbetrieb rechnet der ZWS-Vorsteher frühestens „in zwei bis drei Jahren." Beweis für „echte Anpacker-Region" Beteiligte Unternehmen wie die Firma Mennekes, die Krah-Gruppe oder die Bigge Energie GmbH erwarten durch den Testbetrieb weitere Erkenntnisse für die Umsetzung von E-Mobilität und „Einblick in Zukunftstechnologien".

Dr. Stephanie Arens von der Südwestfalen-Agentur sieht in dem Projekt „einen echten Meilenstein". Das Konsortium aus öffentlicher Hand und privater Wirtschaft „zeigt, dass Südwestfalen eine echte Anpacker-Region ist" und gemeinsam an der Zukunft arbeite.

Dr. Arwed Schmidt vom betreuendem Unternehmen Nuts One aus Berlin erhofft sich durch den Test ein Feedback, wie sich Menschen die künftige Mobilität vorstellen. Er wies aber auch auf viele Hürden hin. Eine davon ist die Zulassung.

Der weitgehend autonom fahrende Bus in Drolshagen ist mit einer Sondergenehmigung unterwegs. Darin ist die Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h festgelegt. Schmidt rechnet frühestens in zwei bis drei Jahren mit einem regulären Einsatz im Linienbetrieb.

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