Wir sind spät dran. Als wir die Rucksäcke zum Aufbruch schultern, hängt bereits ein Fetzen Dämmerung in der Luft. Es ging aber einfach nicht schneller. Zu packend war die Szenerie schon auf der Anfahrt zum Routeburn Track, einem der neun Great Walks Neuseelands. Anhalten, staunen, Fotos schießen, weiterfahren und wieder anhalten – so in etwa ging das die vergangenen Stunden.
Jetzt, am Routeburn Shelter angekommen, schaukeln wir endlich über die große Hängebrücke, die den östlichen Eingang des Tracks markiert. Unter uns rauscht der Route Burn, jener Bergbach, der dem Weg seinen Namen gab. Der Pfad führt uns zunächst durch dichten Buchenwald. Immer wieder aber lichten sich die Wipfel und geben den Blick frei auf die umgebenden Massive. Kupferfarben glänzen ihre Spitzen, jetzt, da sich die Sonne immer weiter senkt.
Gut 30 Kilometer liegen vor uns, über die Humboldt und die Alisa Mountains hinweg ins westlich gelegene Hollyford Valley. Der Plan ist, den Track in zweieinhalb Tagesetappen bis kurz vor dem Ziel zu gehen, um anschließend an einem Stück wieder zurück zu marschieren. Denn der Routeburn ist kein Rundweg. Von der anderen Seite der Berge zu trampen oder einen Shuttle-Bus zu nehmen, kann lange dauern oder teuer werden. Also laufen wir lieber.
Unser erstes Ziel sind die Routeburn Flats, ein vom Bach ausgewaschenes Tal. Als wir nach anderthalb Stunden dort ankommen, ist es bereits stockfinster. Wir finden noch ein hübsches Fleckchen für unser Zelt und löffeln ein spartanisches Abendbrot. Im Norden, nur einen Steinwurf entfernt, zeichnet sich vor dem sternenklaren Himmel die Silhouette von Mount Somnus ab. Seine Schneefelder sind von Mondlicht erhellt. [...]