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Noch einmal Ministerpräsidentin?

Christine Lieberknecht war von 2009 bis 2014 Thüringer Ministerpräsidentin. (Foto: REUTERS)

  • Christine Lieberknecht (CDU), die Bodo Ramelow als Interims-Regierungschefin vorgeschlagen hat, war Ministerpräsidentin Thüringens von 2009 bis 2014.
  • Bereits nach der Wahl 2014 gab es Überlegungen in der CDU-Fraktion, einen Linken-Ministerpräsidenten mit Hilfe der AfD zu verhindern.


Von Robin Hetzel


Mit Christine Lieberknecht hat Thüringens Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow überraschend eine CDU-Politikerin als seine Nachfolgerin vorgeschlagen - überraschend zumindest für Außenstehende. Auf den zweiten Blick ist Ramelows Vorschlag weitaus verständlicher.

Lieberknecht soll Ramelow zufolge als Interimschefin einer technischen Regierung die Geschäfte für 70 Tage übernehmen - bis dahin sollen Neuwahlen stattfinden. Mit der Wahl Lieberknechts wäre der politische Stillstand in Thüringen beendet, in dem sich das Land nach der umstrittenen Ministerpräsidentenwahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD und seinem anschließenden Rücktritt befindet.

Mit dem Amt kennt sich Lieberknecht immerhin sehr gut aus - die 61-Jährige war bereits von 2009 bis 2014 Thüringer Ministerpräsidentin. Die gläubige Protestantin und Mutter zweier Kinder ist in Weimar geboren und im Dörfchen Leutenthal im Umland der Goethe-und-Schiller-Stadt aufgewachsen. In Jena studierte sie Theologie. Zurück in der Weimarer Gegend war sie sechs Jahre als Pastorin tätig, bevor sie ihre politische Karriere startete. Von 1991 bis 2019 war sie Abgeordnete ihres Wahlkreises in und um Weimar. Ihre politische Karriere begann sie, wie sie selbst sagte, motiviert durch ihren christlichen Glauben. Das "C im Namen meiner Partei", so Lieberknecht, sei ihr deshalb besonders wichtig. In ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete bekleidet sie vier verschiedene Ministerposten.

Das aktuelle Drama um die Thüringer Ministerpräsidentenwahl dürfte für Lieberknecht fast einem Déjà-vu ähneln. Bei ihrer Wahl zur Thüringer Landeschefin hatte sie in den ersten beiden Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit - den Fraktionen von CDU und SPD, die eine schwarz-rote Regierung bilden wollten, fehlte aufgrund von Abweichlern genau eine Stimme.

Im dritten Wahlgang trat dann Bodo Ramelow gegen sie an. Diesmal gewann Lieberknecht mit mehr Stimmen als denen der CDU- und SPD-Fraktionen. Letztlich verdankte sie die Wahl der Kandidatur Ramelows. Beide verbindet auch ein fast freundschaftliches Verhältnis - innerhalb wie außerhalb der Politik. In Hintergrundgesprächen während Lieberknechts Amtszeit sprach Ramelow, obwohl Oppositionspolitiker, in lobenden Tönen von der CDU-Politikern. Sie war zu seiner Hochzeit geladen, er war Gast auf ihrem 60. Geburtstag.

Fünf Jahre blieb Schwarz-Rot unter der Thüringer CDU-Parteivorsitzenden an der Macht. In dieser Zeit hatte sie Schwierigkeiten, einige kleinere Affären ihrer schwarz-roten Regierung zu erklären. Sogar gegen sie selbst wurde im Rahmen der "Pensionsaffäre" um ihren scheidenden Regierungssprecher zeitweilig wegen Untreue ermittelt. Nach der Landtagswahl im September 2014 musste Lieberknecht bereits mit Annäherungsversuchen ihres Fraktionschefs Mike Mohring in Richtung AfD umgehen.

Als Ende des Jahres in Thüringen wieder ein Ministerpräsident gewählt werden sollte, hätte sich Lieberknecht für die Schützenhilfe Ramelows bei ihrer Wahl revanchieren können. Denn es gab vor der Wahl Zweifel, was eine notwendige einfache Mehrheit eigentlich wäre, wenn im dritten Wahlgang der Linken-Politiker ohne Gegenkandidaten antreten würde. Mit ihrer Kandidatur hätte Lieberknecht dieses Problem beseitigt. Doch sie entschied, sich nicht nochmals zur Wahl stellen zu lassen. Auch Mike Mohring, der anders als Lieberknecht wohl von der AfD unterstützt worden wäre, trat nicht an. Im zweiten Wahlgang errang Ramelow schließlich ohne CDU-Gegenkandidaten die Mehrheit.

Kurz nach dieser Wahl gab Lieberknecht den Parteivorsitz an Mohring ab. Das Verhältnis zu ihrem Nachfolger galt bereits in ihrer Zeit als Ministerpräsidentin als eher kühl und distanziert. Mohring hatte die Koalition aus CDU und SPD während der Regierungszeit oft angegriffen. Ihm wurde sogar nachgesagt, Lieberknecht aus Eigennutz das Amt strittig machen zu wollen. Nun schaut es aus, als würde sie zum zweiten Mal das Amt übernehmen, auf das Mohring lange gehofft hat.

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