Das Bachelorstudium in München und das Masterstudium in Zürich, Praktika in Stuttgart und Singapur, Auslandssemester aus Forschungszwecken am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. Der Bremer Claas Ehmke ist trotz seiner 25 Jahre rumgekommen in der Welt. Er hat in seiner Heimatstadt sein Abitur gemacht und ist seither überall zu Hause. Er hat sich der Forschung verschrieben. Sein Themengebiet sind Roboter.
Das Corona-Jahr hat der junge Mann in Amerika verbracht. Finanzieren konnte er sich die Zeit dort dank eines Stipendiums der Bremer Wolfgang-Ritter-Stiftung. Ehmkes eigentlicher Plan war es, am MIT für seine Masterarbeit zu forschen: Verschluckbare Roboter, die den Magen-Darm-Trakt untersuchen und so das medizinische Personal dabei unterstützen sollen, genaue Diagnosen zu stellen. „Es gibt verschiedene Projekte in diesem Bereich. Ich forsche an Robotern, die ermitteln sollen, ob es sich um einen Reizdarm oder eine chronische Darmerkrankung handelt", sagt der 25-Jährige.
Doch wegen der Pandemie kam es anders. „Ich bin im Februar angekommen, da durfte ich noch den Bostoner Lebensstil miterleben", berichtet Ehmke. Als dann aber Corona auch die USA erreichte, schlossen die Labore. Ehmke konnte nicht mehr an der Hardware forschen. Stattdessen habe sich aber ein anderes Projekt ergeben: Roboterhund Dr. Spot.
Claas Ehmke hat gemeinsam mit Forschern des MIT, mit Medizinern und mit Mitarbeitern der Firma Boston Dynamics an den Algorithmen des Roboterhundes gearbeitet. Dr. Spot unterstützt das Klinikpersonal dabei, die Vitalwerte von Corona-Patienten zu messen. „Es hätte kein Hund sein müssen, sondern auch ein Roboter mit Rädern sein können. Allerdings gab es diese Plattform eben schon, so mussten wir ihn nur noch programmieren", sagt Ehmke. Aktuell forsche das Team aber auch an anderen Robotern, die in der Krankenhausumgebung effizienter funktionieren können.
Fernbedienung für BeatmungsgeräteNeben der Arbeit am Roboterhund hat er gemeinsam mit Züricher Kommilitonen eine Fernbedienung für Beatmungsgeräte auf Corona-Stationen entwickelt - von Boston aus. „So muss das Klinikpersonal nicht mehr in voller Montur in die Räume, nur um die Atemgeräte neu einzustellen", sagt Ehmke. Aktuell sei das Gerät allerdings noch ein Prototyp, die Gespräche, wie es mit dem Produkt weitergehen solle, laufen.
Die Fernbedienung böte sowohl Sicherheit als auch ökonomische und ökologische Vorteile. „Die Plastikmontur wird nach einmaligen Tragen direkt weggeworfen, da sie kontaminiert ist", sagt der 25-Jährige. Wie es sich anfühlt, während der Krise helfen zu können? „Ich hab mich tatsächlich auf die Technik hinter den Projekten fokussiert. Es hat ein reales Problem existiert, dafür Lösungen zu finden, reizt mich sehr", sagt Ehmke.
Der junge Mann mit einer Vorliebe für Robotik, Programmieren und Hardware-Lösungen hält nichts von Prahlerei. Für ihn zählen die Projekte, die Forschung. Claas Ehmke geht in der Tüftelei auf. Auf dem Schirm hatte der 25-Jährige die medizinische Robotik dabei nicht von Anfang an. „Ich fand das Themenfeld nicht besonders interessant", sagt er sogar. Sein vorheriges Gebiet war das autonome Fahren. Ersten Kontakt damit hatte er während seiner Bachelorarbeit, die er in Stuttgart bei Porsche schrieb. In Zürich bewarb er sich dann beim Formula Student Verein. Solche Vereine gibt es an vielen Universitäten. Die Studierenden forschen und entwickeln im Team elektrische Autos, mit denen sie bei Rennen gegeneinander antreten. Es gibt drei Wettkampfkategorien, eine davon ist das autonome Fahren. „Wir haben das wichtigste Rennen in Deutschland am Hockenheim-Ring gewonnen und sogar einen neuen Rekord aufgestellt", berichtet er.
Trotzdem hat die Medizin ihn schließlich stärker gereizt. „Beim autonomen Fahren geht es nur noch um die Wahrnehmung und die Übersetzung an das Auto, man würde nicht auf die Idee kommen, ein fünftes Rad anzubauen", erklärt Ehmke. „Die medizinische Robotik hingegen ist noch sehr offen, da kann in viele Richtungen geforscht werden." Nach der Abgabe seiner Masterarbeit hat Claas Ehmke bereits eine Doktorandenstelle an seiner Universität in Zürich sicher.
Ob er irgendwann zurückkehren möchte nach Bremen? „Ich mag den Lebensstil hier, aber in Bremen selbst habe ich bisher noch nicht den Anschluss an der Robotics Community gefunden", sagt er. Sollte sich aber ein Unternehmen finden, das im Schnittfeld von Medizin und Robotik unterwegs ist, dann würde er gerne zurückkommen. „Ich habe noch viele Freunde hier", sagt Ehmke, „aber im Grunde kommt es auf die Jobsituation an."
Die Wolfgang-Ritter-Stiftung
Der Fokus der Stiftung liegt auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. „Wir arbeiten zusammen mit der Universität Bremen, der Hochschule Bremen und der Jacobs-Universität", sagt Alexander Witte, Vorstandsmitglied der Stiftung. Bei Claas Ehmke sei dem Vorstand schnell klar gewesen, dass die Stiftung ihn bei seiner Forschung unterstützen wird. „Er hat uns angesprochen und dargelegt, was genau er am MIT vorhat", erklärt Witte. Die Stiftung vergibt neben den Stipendien auch jährlich den Wolfgang-Ritter-Preis und den Wolfgang-Ritter-Studienpreis, außerdem organisiert sie die Bremer Universitätsgespräche, um Menschen zu vernetzen.