Die Schranke öffnet sich. Langsam fährst du auf das Gelände mitten im Wald ein. Das Pförtnerhäuschen sieht noch aus wie damals. Doch du sitzt nicht mehr in einem Bus, umgeben von aufgedrehten Mitschülern, sondern du bist erwachsen. Und du warst Jahrzehnte nicht mehr hier. Das Gefühl ist trotzdem irgendwie das gleiche. Wie der Geruch, wenn man seine alte Schule betritt. Sofort werden Erinnerungen wach. So geht es auch Ivana d'Angelo. Sie war als Kind auf der Wegscheide und hat dieses Jahr an der gleichen Stelle ein Foto von sich gemacht.
Disco oder Tanz auf der Höhe.Vermutlich nicht wenige Frankfurter hatten ihren ersten Engtanz am Discoabend. Der ist übrigens weiterhin immer mittwochs in der Kirche. Vermutlich war das bei vielen Besuchern der einzige Anlass, das Gotteshaus zu betreten - seien wir ehrlich. Bevor sich die Mittwochsdisco etablierte, traf sich die Wegscheide-Jugend oben auf der Höhe und sang gemeinsam das Lied „Auf der Höhe da droben" (die Älteren mögen sich erinnern). Es wurde auch dort schon getanzt.
Das Essen.Du kommst an der Küche vorbei. Die Metallwagen, mit denen du dort morgens, mittags und abends das Essen aus der Küche abgeholt hast, sind immer noch da. Und es ist immer noch verboten, klappernd und scheppernd, die letzten Meter auf den Gefährten stehend, den Berg runterzurollen. (Wird aber immer noch trotzdem gemacht)
Aber gegessen wird immer noch an den alten schweren Holztischen. Den Früchtetee gibt's aber nicht mehr aus Porzellantassen, sondern aus bunten Plastikbechern - aber es gibt ihn noch! Der Fencheltee wurde allerdings abgeschafft. Der war den Kindern einfach zu bitter.
Die Häuser.Alle Häuser wurden neu und bunt gestrichen. Du grübelst über die Spitznamen. Erinnerst du dich noch? Schlotterhaus, Jasperthaus.... Der ehemalige Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb (SPD) ist nicht nur Namensgeber eines der Gruppenhäuser. Er hat in dieser Funktion die Wegscheide auch besucht. Dann hat sich gut 60 Jahre lang kein Rathauschef in dem Frankfurter Schullandheim blicken lassen. Erst Kolbs Parteigenosse, der amtierende Oberbürgermeister Peter Feldmann, kam neulich das erste Mal vorbei.
Vielleicht warst du auf der Wegscheide, als die Häuser noch ganz weiß gestrichen waren. Dann muss dein Besuch im Schullandheim irgendwann bis in die 80er Jahre gewesen sein. Jetzt haben die Häuser unterschiedliche Farben. Bunt helfe vor allem den jüngeren Gästen, sich auf dem 35 Hektar großem Gelände zu orientieren, erklärt Reimund Noack, Geschäftsführer der Wegscheide-Stiftung.
Du betrittst das Wilhelminehaus. Fünf Stufen, dann stehst du im Flur. Es riecht nach Putzmittel und irgendwie muffelig, aber auf eine angenehme Weise. Wie früher eben. Auf den ersten Blick haben sich die Räume kaum verändert...
Von unten gegen die Matratze des oben Liegenden treten is' leider nicht mehr. Denn es gibt neue Hochbetten. Die sehr nachgiebigen Metalleinlagen sind festen Holzlatten gewichen.
Das Putzen.Wer hat Putzdienst? Geschrubbt werden aber nicht mehr Linoleumböden, sondern Holzdielen. Die sind pflegeleichter, erklärt Noack. So wie ganz früher. Da gab es auch nur Holzböden in den Häusern.
Der Tag.Die Tage auf der Wegscheide hast du draußen verbracht. Hast mit deinen Freunden auf der Mauer vor eurem Haus gesessen und Bommel gebastelt oder du bist durch den Wald gerannt und hast Höhlen gebaut. Auch heute noch toben Kindergruppen über das Gelände, verschwinden hinten zwischen den Bäumen. Oder sie machen mit beim sehr beliebten Kisten-Stapeln.
Vielleicht warst du auch der Held beim Tischtennisturnier?
..oder hast du phantastische Tore beim Inline-Hockey oder beim Fußball geschossen?
Telefonieren.Auch heute noch bilden sich abends lange Schlangen an der Telefonzelle. Die wird nämlich noch fleißig genutzt. Denn der Handy-Empfang ist immer noch mies.
Gemeinschaft.Was auch immer du am liebsten auf der Wegscheide gemacht hast: Du hast alle wieder um 13 Uhr am Kiosk wiedergetroffen. Das ist auch heute noch so. Die Öffnungszeiten werden sehnsüchtig erwartet. Oder hast du als Teenie auf Ferienfreizeit nach der Disco in dem kleinem Raum neben dem Kiosk noch ein bisschen abgehangen und hast Sandwiches gegessen oder eine Limonade getrunken.
Mindestens eine Nachtwanderung durch den dunklen und für dich als Stadtkind sehr unheimlichen Wald musstest du pro Aufenthalt überstehen. Das ist auch noch heute so. Am Lagerfeuer war dann aber alles wieder gut. Das Lagerfeuer ist übrigens immer noch eines der beliebtesten Programmpunkte.
via GIPHYAuch wenn sich vieles geändert hat: Du erinnerst dich gerne an die Zeit auf der Wegscheide zurück. Und auch jetzt bleibt eine großartige Erkenntnis, wenn du durch das Tor wieder zurück in Richtung Frankfurt fährst und das Smartphone wie verrückt piept: W-Lan gibt es in dem Landschulheim nicht. Dort oben in der Höhe ist man einfach ein bisschen aus der Zeit gefallen. Das ist zum Teil etwas komisch, aber auch irgendwie gut.