Nur ein paar Meter entfernt von den gewaltigen Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks Lippendorf bei Leipzig erstreckt sich ein großer Solarpark. Auf der einen Seite des Zauns dampft und raucht und brodelt es - auf der anderen Seite ist nichts zu sehen, zu riechen, zu hören.
Doch so sauber Solarparks auch arbeiten: Klimaneutral ist die Photovoltaik nicht. Denn für die Fertigung von Modulen, Wechselrichtern und Gestellen brauchen die Hersteller eine Menge Energie. Nur wenn sie aus erneuerbaren Quellen kommt, ist der erzeugte Ökostrom wirklich CO2-frei. Einzelne Unternehmen versorgen ihre Fabriken zwar bereits mit Grünstrom. Bis das branchenweit der Fall ist, wird aber noch einige Zeit vergehen.
Der Industrieverband SolarPower Europe rechnet mit einem weltweiten Photovoltaik-Zubau von 800 Gigawatt bis 2023 - das sind ungefähr drei Milliarden Module. Angesichts solcher Zahlen hat der Energiebedarf der Hersteller eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den globalen Klimaschutz.
"Made in China" mit höheren Emissionen
Wie groß Energieaufwand und CO2-Fußabdruck der Photovoltaik sind, lässt sich allerdings nicht pauschal beziffern, denn es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Modulmodellen. Die fast ausschließlich in Solarparks eingesetzten Dünnschichtmodule schneiden beim Energiebedarf deutlich besser ab als kristalline Silizium-Module, die man von Hausdächern kennt.
Für die CO2-Bilanz spielt zudem der Fertigungsstandort eine große Rolle, erklärt Holger Neuhaus, Abteilungsleiter Modultechnologie beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. "Wegen des hohen Kohleanteils im Strommix verursacht eine Produktion in China mehr Emissionen als eine in Europa", so Neuhaus.
Nicht zuletzt sind auch der Installationsort und die Effizienz des Moduls wichtige Faktoren. Je mehr Strom eine Anlage produziert, desto geringer sind die CO2-Emissionen pro erzeugte Kilowattstunde. "Es ist kompliziert", fasst der Fraunhofer-Forscher zusammen.
Energieaufwand schnell wieder eingespielt
Unstrittig ist, dass Solaranlagen im Laufe ihrer Lebenszeit erheblich mehr CO2-Emissionen verhindern als ihre Fertigung selbst im schlechtesten Fall verursacht. Laut einer Studie im Auftrag des Photovoltaic Power Systems Programme der Internationalen Energieagentur (IEA PVPS) von 2015 hat eine in Deutschland installierte Hausdachanlage die Energie in rund drei Jahren wieder eingespielt - bei einer Lebenszeit von 30 Jahren und länger. Spanische Anlagen mit Cadmiumtellurid-Dünnschichtmodulen brauchen gar nur etwa ein Dreivierteljahr.
Bei neuen Modulen sind die Zeitspannen heute noch kürzer, da viele Hersteller die Effizienz ihrer Prozesse in den vergangenen Jahren erheblich verbessert haben - vor allem was die Silizium-Wafer betrifft, aus denen die Solarzellen hergestellt werden. Auf sie entfällt ein sehr großer Teil des gesamten Energieaufwands.
"Ganz wichtig ist, wie die Wafer gesägt werden und wie dick sie sind", erläutert Neuhaus. Immer mehr Unternehmen verwenden Diamantdrahtsägen, mit denen weniger Silizium verloren geht. Das reduziert den Material- und damit den Energiebedarf erheblich.
Größere Windräder mit kleinerem Energiebedarf
Windenergie-Anlagen schaffen meist eine noch bessere Bilanz als Photovoltaik. "Je nach Standort dauert es etwa sechs bis zwölf Monate, bis die Energie für Fertigung, Installation und Rückbau der Anlagen wieder hereingeholt sind", sagt Stephan Barth, Geschäftsführer des Zentrums für Windenergieforschung ForWind.
In den vergangenen Jahren sind Windräder an Land und auf See deutlich größer und damit leistungsstärker geworden. Der Energieaufwand ist jedoch nicht in gleichem Maße gestiegen, weil die Rotorblätter immer filigraner werden. Pro erzeugte Kilowattstunde Strom muss also weniger Energie eingesetzt werden. Da die hierzulande installierten Anlagen in der Regel aus europäischer Fertigung stammen, hat die Windenergie auch bei den CO2-Emissionen die Nase vorn.
Die Branche arbeitet daran, die Flügel weiter abzuspecken - um Energie zu sparen, vor allem aber, um die Windräder größer machen zu können. "Ein Hebel dazu sind neue Regelungsverfahren, mit denen sich die mechanischen Belastungen der Anlagen reduzieren lassen", erklärt Barth. "Sie erlauben es, die Rotorblätter noch leichter zu bauen."
Solar- und Windenergie verdrängen Kohlestrom
Unterm Strich leisten Solar- und Windenergie einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz, wie eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) belegt. Denn schließlich ersetzt der Grünstrom solchen aus Kohle- und Gaskraftwerken, die pro Kilowattstunde erzeugter Energie ein Vielfaches an Kohlendioxid ausstoßen.
So hat jede erzeugte Kilowattstunde Solarstrom der UBA-Studie zufolge 2017 insgesamt 614 Gramm CO2 eingespart. Windräder an Land konnten 667 Gramm vermeiden, solche auf See 675 Gramm.
Die Photovoltaik hat die deutsche Klimabilanz um insgesamt 24 Millionen Tonnen CO2 entlastet. Bei der Windenergie an Land waren es 59 Millionen Tonnen, bei Offshore-Anlagen zwölf Millionen Tonnen. Die durch Solar- und Windenergie vermiedene Emissionsmenge entsprach fast elf Prozent des gesamten deutschen CO2-Ausstoßes.