er Brexit naht - und droht ohne Deal abzulaufen. Nur sechs Wochen vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens am 31. Oktober scheint Boris Johnson die schleppenden Verhandlungen mit der EU um die Konditionen des Brexit beschleunigen zu wollen. Wie die „Financial Times" (FT) berichtet, plant der Premierminister, binnen zehn Tagen einen neuen Deal durchs Parlament zu bringen. „Das Parlament mag jeden Tag und jede Nacht sitzen, auch am Wochenende. Wir sind zuversichtlich, dass wir am 31. Oktober mit einem Abkommen abreisen können", zitiert die Zeitung einen hohen Regierungsbeamten.
Die britische Wirtschaftszeitung beruft sich auf Beamte aus Johnsons Umfeld. Laut den Insidern habe die Regierung Pläne ausgearbeitet, nach denen der Premier auf dem EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober ein Abkommen mit der EU abschließen würde. Anschließend würde er es im Unterhaus einbringen - und versuchen, es in rasantem Tempo durchzubringen, ehe der ungeordnete Brexit eintritt.
Wie die „FT" unter Berufung auf irische und Brüsseler Beamte schreibt, gebe es Anzeichen, dass Johnson in der Backstop-Frage an der Grenze zu Irland nun zu Kompromissen bereit sei. Das galt lange Zeit als größter Streitpunkt zwischen Großbritannien und der EU.
Insgesamt verliefen die Gespräche der Verhandlungsführer der Europäischen Kommission und des Vereinigten Königreichs produktiver als bei früheren Treffen, zitiert die Zeitung EU-Diplomaten. Großbritannien sei nun bereit, sich an einige von Ex-Premierministerin Theresa May getroffene Vereinbarungen zu halten. Zum Beispiel zeige sich das Königreich bereit, Tiergesundheitskontrollen an der irischen Grenze zu verhindern und so den freien Verkehr von Lebensmitteln und Tieren auf der Insel zu gewährleisten. Noch am Donnerstag hieß es seitens des EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli, Großbritannien habe bislang keinen neuen Vorschlag zu den Modalitäten des Austritts gemacht.
Trotz der anscheinenden Annäherung bleiben EU-Diplomaten laut der „FT" skeptisch. Schließlich seien noch wichtige Punkte ungelöst. Vor allem drei Aspekte beunruhigen weiterhin: Erstens habe man noch immer keine umfängliche Lösung zur Vermeidung einer harten Grenze zu Irland gefunden. Zweitens liege noch kein neuer schriftlicher Vertrag vor. Und drittens dränge die Zeit, bis ein ungeregelter Brexit eintritt.
Johnson sagte in der Vergangenheit mehrmals, ein Abkommen mit der EU zwar zu präferieren, betonte aber stets, Großbritannien auch ohne Deal am 31. Oktober aus der EU zu führen. Das No-Deal-Gesetz, das das britische Parlament beschlossen hatten, legt dem Premier nun einen gesetzlichen Rahmen vor. Seine neuen Pläne wären ein Zeichen der Entschlossenheit.
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