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Zum Karriereende von Dirk Nowitzki: Der Größte

Zum Karriereende von Dirk Nowitzki

Dirk Nowitzki hat sein letztes Spiel in der NBA bestritten. Er tritt nicht nur als einer der größten Basketballer aller Zeiten ab, sondern auch als Persönlichkeit, die das Spiel und die Liga verändert hat.

Eine Würdigung der Karriere von Dirk Nowitzki muss mit ihrem größten Erfolg beginnen. Denn am 12. Juni 2011 fanden alle Unwahrscheinlichkeiten, die seine große Laufbahn von Anfang bis Ende begleiteten, ihren Höhepunkt.

Nach fünf langen Jahren war Nowitzki zurückgekehrt an den Ort seiner schwersten Niederlage, zurückgekehrt nach Miami, wo seine Dallas Mavericks 2006 trotz 2:0-Führung die NBA-Finals verloren. Anders als damals zog Dallas in der Neuauflage als klarer Außenseiter in die Finalserie gegen die Heat. Doch Nowitzki wuchs über sich hinaus und trieb eine Mannschaft, die wohl wenige als Champion auf dem Zettel hatten, mit einer herausragenden Leistung zum NBA-Titel.

Und just als Spiel sechs beendet war, als er seiner Franchise die erste Meisterschaft ihrer Geschichte beschert hatte, verschwand er in den Katakomben. Der damals 32-Jährige musste in seinem größten Moment bei sich sein. Erst Minuten später kehrte er zurück und ließ sich feiern; eine mittlerweile legendäre Geste, die viel verrät über das Wesen eines Basketballers, der das Spiel für immer verändert hat.

Sein Spiel war eine Revolution

Nowitzki kam zu einer Zeit in die NBA, in der sich große Spieler hauptsächlich über Physis und den Kampf unter dem Korb definierten. Der 2,13 Meter große Schlaks aus Würzburg stach wundersam heraus: Das weiche Handgelenk, der sichere Dreier, die Raffinesse, mit der er seine athletisch überlegenen Kontrahenten überwand. Nowitzki tat Dinge, die "Big Men" Ende der Neunziger nicht taten.

Er verließ die Zone unter dem Korb, zwang seine großgewachsenen und oft schwerfälligen Gegenspieler, ihm bis an die Dreierlinie zu folgen - Territorien, die ihnen fremd waren. Und so hoch seine Verteidiger ihre Arme auch reckten - mit seinem "One Legged Fadeaway", dem einbeinigen Sprungwurf, vom Korb wegschwebend, überwarf Nowitzki sie alle. Am offensiven Ende glich sein Spiel einer Revolution.

Über eine Dekade lang gehörte Nowitzki zur Elite der weltbesten Basketballliga, als erster Europäer wurde er zum wertvollsten Spieler der Liga ernannt (2007), dazu 14-facher Allstar und, natürlich, NBA-Champion und wertvollster Spieler der Finals (2011). All diese Erfolge feierte er bei den Dallas Mavericks, einem bis dato notorisch erfolglosen Team, das es 1998 gewagt hatte, in einem Tausch den langen Deutschen zu holen, der ohne ein College besucht zu haben in die Liga kam.

Europäer können Basketball spielen

Während des langen Herbsts seiner Karriere nahm der Erfolg der Mavericks schließlich ab, ebenso Nowitzkis Athletik. Doch der Wurf, der blieb. Auch mit 40 Jahren noch feuerte der hüftsteife Oldie einfach über seine Gegenspieler hinweg, zumindest solange der lädierte linke Knöchel hielt, und mit jedem Korb arbeitete er weiter an seinem Vermächtnis: 31.560 Punkte hat der Scharfschütze in 21 NBA-Jahren erzielt, Platz sechs in der ewigen Bestenliste, und pünktlich zum letzten Heimspiel seiner Karriere avancierte er zum ältesten Profi, der in einem NBA-Spiel 30 Punkte oder mehr erzielte.

Dabei hatte Nowitzki versucht, seine Mavericks in den vergangenen Jahren wieder näher an die Playoffs zu führen. Er selbst hatte auf Gehalt verzichtet, damit das Team personell verbessert werden kann; eine von vielen Gesten, die dem Deutschen auch als Persönlichkeit ein herausragendes Denkmal schufen.

Im finalen Jahr seiner Karriere sieht die Zukunft in Texas wieder rosiger aus. Mit Kristaps Porzingis und vor allem Luka Doncic spielen zwei der größten europäischen Talente der NBA in Dallas. Spieler wie Nikola Jokic und Giannis Antetokounmpo sorgen in der Liga für Aufsehen. Es ist das Erbe von Nowitzki, der der gesamten NBA gezeigt hat, dass Europäer Basketball spielen können. Mehr noch: Dass sie zu den Besten aller Zeiten zählen können.

In allen Arenen wurde Nowitzki seit Monaten für seine große Karriere gefeiert. Er selbst zierte sich lange, sein Karriereende zu verkünden. Beim letzten Saisonspiel in Dallas tat er es dann doch. Es sah ihm ähnlich. Nowitzki ist der seltene Star ohne Allüren, das Idol, das kein Problem mit dem Rampenlicht hat, es aber auch nie brauchte. Ob vor oder hinter der Kamera, auf oder neben dem Platz, er war stets: Dirk. Der humorvolle, besonnene Würzburger, der sich nie zu wichtig nahm dafür, dass er Bälle besser in einen Korb werfen kann als andere.

Vielleicht ist das unter all seinen Leistungen sogar die größte.

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