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Nach der Pleite: Baden gehen mit Thomas Cook

Gestrandet am Goldstrand, abgewiesen am Münchner Flughafen, rausgeworfen aus dem Hotel in der Türkei: Wie deutsche Urlauber die Pleite des Reiseveranstalters erlebten.


Von Paula Lochte und Kim Maurus


Montag, 23. September.

„Thomas Cook ist pleite - Hunderttausende Urlauber betroffen", meldet die Nachrichtenagentur Reuters um 3:29 Uhr. Etwa zur gleichen Zeit steigt Janina Fuchs mit ihrem Mann und ihrem elf Monate alten Sohn in eine Chartermaschine nach Bulgarien. Sie freuen sich auf fünf Tage Pauschalurlaub am Goldstrand. 798 Euro hat die Familie für die Reise bezahlt. Doch nach der Landung erhält Fuchs eine SMS ihres Reiseveranstalters: Die Durchführung von Reisen mit ihrem Abreisedatum könne nicht gewährleistet werden. 

Ein paar Stunden später wird unter der Tür ihres Hotelzimmers ein Zettel durchgeschoben. Die Reiseleiterin lädt zum Krisentreffen – weiß allerdings selbst nicht viel mehr.

Abends schickt Bucher Reisen, eine Marke der deutschen Tochter von Thomas Cook, eine E-Mail an die Familie: „Weder Airline noch Hotel werden Sie als Gast akzeptieren." Die Nachricht irritiert Fuchs, sie sind doch bereits geflogen und haben im Hotel eingecheckt. Sie - und vermutlich rund 600.000 andere Urlauber - fragt sich: Dürfen sie bleiben? Und wie kommen sie zurück?

Andere kommen gar nicht erst am Urlaubsziel an. Wenige Stunden nach Familie Fuchs' Abreise sollte es für Ulrike Eichhorn und ihren Mann in den ägyptischen Badeort Hurghada gehen. Die zehntägige Pauschalreise für knapp 2000 Euro war ihr Jahresurlaub, sie haben lange gespart. Erstes Ziel ist der Münchner Flughafen, die Thüringer fahren frühmorgens los. Auch Eichhorn hat über Bucher Reisen gebucht. Schon am Samstag zuvor hatte sie den Anbieter angerufen, nachdem sie auf Facebook über die drohende Insolvenz der britischen Thomas Cook gelesen hatte: „Mir wurde gesagt, ich solle mir da keine Gedanken machen."

Doch am Check-in-Schalter fischt ein Condor-Mitarbeiter sie aus der Schlange: „Wir dürfen Sie aus rechtlichen Gründen nicht mitnehmen." Man könne ihnen neue Flüge verkaufen, nicht aber für das Hotel in Hurghada sprechen. Eichhorn bricht in Tränen aus, ein neues Ticket können sie sich nicht leisten. Sie haben keine Wahl - und fahren zurück nach Thüringen. Wie vermutlich rund eine Million andere Thomas-Cook-Kunden, die ihren Urlaub noch antreten wollten, fragt das Paar sich: Was passiert jetzt?

Dienstag, 24. September.

Die Nachrichtenagenturen berichten: Die britische Regierung holt Urlauber zurück; Deutsche müssen sich an die Insolvenzversicherung wenden.

Das Ehepaar Eichhorn, das am Flughafen vor die Wahl gestellt wurde, doppelt zu zahlen oder zurückzufahren, schreibt dem Reiseveranstalter - ohne Antwort. Eine Anwältin kontaktiert für das Paar die Versicherung Zurich. Auch Janina Fuchs versucht, die Versicherung zu erreichen - doch bleibt in der Warteschleife hängen. Der Frust wächst: „Da spart man sich seinen Urlaub zusammen, freut sich auf entspannte Tage, und dann so was", sagt Fuchs. Sie verbringt kaum Zeit am bulgarischen Goldstrand. Immerhin hat die Familie Glück mit dem Hotel. Sie muss die Übernachtung kein zweites Mal bezahlen und kann bis zum geplanten Ende der Reise bleiben.

Für andere nimmt der Urlaub an diesem Tag ein abruptes Ende. Am Sonntag ist Tamara Laczo nach Antalya geflogen - mit ihren Eltern, dem Bruder, dessen schwangeren Frau und zwei kleinen Kindern. Gebucht haben sie ebenfalls mit Bucher Reisen, zehn Tage Türkei-Urlaub. Nach einer unruhigen Nacht gibt die Thomas-Cook-Reiseleiterin vor Ort gegen Mittag Entwarnung: Laczos Zimmer seien bereits bezahlt. Laczo ist erleichtert, aber die Zugangskarte zu ihrem Zimmer funktioniert plötzlich nicht mehr.


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