5 subscriptions and 0 subscribers
Article

Organisatorin mit Gartenliebe

Seit 30 Jahren ist die Ram Regio der größte und inzwischen älteste Gastveranstalter auf der Messe Erfurt. Die Thüringen Ausstellung zieht jedes Jahr Tausende Besucher an. Die Messe Reisen und Caravan richtet sich an alle, die Fernweh haben. Constanze Kreuser leitet die Ram Regio Ausstellungs GmbH. Ein Porträt.

 

Von Paul-Philipp Braun

 

Es ist kurz vor acht Uhr an einem Montagmorgen. Noch ist Februar, noch lässt die Sonne sich mit dem Aufgehen Zeit. Ein steiler Weg führt zu der eindrucksvollen Villa in der Erfurter Cyriakstraße. Die Fenster des Hauses sind hell erleuchtet, es herrscht ein geschäftiges Treiben in der Ram Regio Ausstellungs GmbH. Eine Dame sitzt hinter dem breiten Empfangstresen. Per Telefon informiert sie die Gesprächspartnerin: „Ihr Termin ist da.“
Wenig später flitzt ein kleines flauschiges Etwas am Empfangstresen vorbei. So schnell, dass der Beobachter genau hinsehen muss, um den Wirbelwind zu erkennen. „Das ist Purzel, unser Bürohund“, lacht die Dame hinterm Tresen und erklärt, dass es für sie — denn Purzel ist eigentlich eine Hündin – gleich Frühstück gäbe. Und während Purzel in der einen Tür verschwindet, kommt Constanze Kreuser aus einer anderen.  

Sie lächelt freundlich. Eine große Brille bestimmt ihr Gesicht, um ihren Hals liegt ein Tuch. Constanze Kreuser bittet in den Besprechungsraum des Unternehmens, einen Wintergarten mit Blick auf die Bäume des Egaparks, der hinter dem Haus beginnt. Eine Mitarbeiterin bringt Kaffee, eine unscheinbare Tasse für den Reporter, eine Besondere für die Geschäftsführerin.

„Blumenstadtkind“ steht dort in beschwingten blauen Lettern auf dem weißen Porzellan. Und so ist, noch ehe Constanze Kreuzer zu erzählen beginnt, klar, dass es eine Thüringer Geschichte werden wird. Schon als Kind habe sie die Zeit am Liebsten auf der Iga – der späteren Erfurter Gartenausstellung (Ega), verbracht. Auch damals sei der Park am westlichen Stadtrand von Erfurt ein Lieblingsort für sie gewesen. „Seit meinem sechsten Lebensjahr war ich immer wieder auf der Iga, mein Vater war Bereichsleiter und ich verbrachte ganze Tage dort“, erzählt Constanze Kreuser. Die Frage nach dem „Was willst Du mal werden?“ war für die Heranwachsende schnell beantwortet: Ausstellungen wollte sie machen, am liebsten auf der Iga.

Kreuser machteeine Ausbildung mit Abitur, wird Gärtnerin. An der Berliner Humboldt-Universität hängt sie ihr Diplom als „Ingenieur für Gartenbau“ dran und kehrt anschließend in die thüringische Heimat zurück. 1989 wird Kreuser wissenschaftliche Mitarbeiterin der Iga und kommt so ihrem Traum ein Stück näher. Ganz nahe ist sie ihm aber nach der Wende. „Damals herrschte eine Art Goldgräberstimmung in Sachen Messen und Ausstellungen“, erinnert sich Kreuser. Vor allem aus den alten Bundesländern kommen damals viele Veranstaltungs- und Messeanbieter, in die ehemalige DDR. Sie versuchen mit verschiedenen Konzepten ihr Glück, verkaufen Produkte, Dienstleistungen und häufig einfach nur das Gefühl des freien Marktes.

Einer, der auf der seit dem Mittelalter bestehenden Verbindung zwischen dem rheinland-pfälzischen Mainz und dem thüringischen Erfurt nach Thüringen kommt, ist Eberhard Kreuser. In seiner westdeutschen Heimat hat er die „Rheinland-Pfalz Ausstellung“ groß gemacht und versucht Selbiges – mit Erfolg – auch in Thüringen. 1990 eröffnet auf der Ega – die Messe wird erst 1997 fertiggestellt – die erste Thüringenausstellung. Constanze Kreuser ist damals für die Ega als Verantwortliche zuständig und vom Knowhow Eberhardt Kreusers und seines Teams beeindruckt. Zwar hatte sie auch schon zu DDR-Zeiten Messen mitorganisiert, doch der bundesdeutsche Maßstab sei noch einmal „ein ganz neuer“ gewesen, erinnert Kreuser sich.

Nachdem die ersten Veranstaltungen in Erfurt gut laufen, beschließt die Ram Regio, den Standort Erfurt zu festigen und fragt bei der damals 28-jährigen Constanze Kreuser an, ob sie sich vorstellen kann halbtags das Büro der Erfurter Ram-Niederlassung zu betreuen. Einen Monat lang kann Kreuser es sich vorstellen, teilt sich ihre Arbeit zwischen Ram-Büro und Egapark auf. Dann kündigt sie im „Garten Thüringens“, wendet sich ihrer Aufgabe im Veranstaltungsbereich zu. „Unser erstes Büro bestand aber vor allem aus mir und dem Telefon“, lacht Kreuser. Erst mit der Zeit entwickelt sich der Standort und die zunächst noch ins Ega-Lichterfest integrierte Thüringen Ausstellung wird eine eigene Messe.

Immer wieder kommen auch mehr und neue Messen zum Portfolio hinzu. So entstehen die Reisen und Caravan oder die Hochzeiten und Feste, eine an die Thüringen Ausstellung angegliederte Schwerpunktveranstaltung für Hochzeiten, Konfirmationen, Firmungen und andere festliche Anlässe. Doch für Constanze Kreuser bringt die Zusammenarbeit mit Eberhard Kreuser nicht nur beruflich neue Perspektiven. Auch privat werden beide – der erfahrene Messeveranstalter aus Rheinland-Pflanz und die junge Gartenbauingenieurin aus Thüringen – ein Paar. Im Jahr 2002 wird Constanze Kreuser zweite Gesellschafterin der Ram Regio Ausstellungs GmbH. Nun führt sie das Unternehmen mit ihrem Mann und sagt heute darüber: „Wir waren eine ziemlich gute Doppelspitze, bei der jeder genau wusste, wo seine Aufgaben liegen.“ Dabei sei es nie ein Problem gewesen, dass beide „Nase an Nase“ gearbeitet hätten: „Wir hatten zu 95 Prozent die gleichen Ansätze und haben uns immer offen und ehrlich darüber ausgetauscht.“

Gut zehn Jahre lang wuchs sie vor ihrer Gesellschafterrolle in das Unternehmen und ihre Aufgaben hinein. Eine Zeit, die für Kreuser bis heute wichtig ist, hat sie die Ram Regio schließlich vom Grund des Unternehmens auf kennengelernt.

Als Eberhard Kreuser Anfang 2019 plötzlich und unerwartet verstirbt, übernimmt seine Frau Constanze die Geschäfte. Nur drei Wochen später findet die 29. Thüringen Ausstellung statt. Selbst Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geht in seinem Grußwort zur Eröffnung auf Kreusers Lebenswerk ein und würdigt ihn als „Vater der Ausstellung“.

Keine leichte Zeit für Constanze Kreuser, aber eine, in der ihr vor allem ihr Team beisteht. Die Ausstellung geht 2019 mit gut 70.000 Besuchern zu Ende und gehört damit zu den größten Messen Thüringens. Auch weil das Ehepaar Kreuser die Ram Regio über die Jahre hinweg zu einem verlässlichen Partner für die Messe Erfurt machte. „Wir sind der größte und zugleich älteste Gastveranstalter in Erfurt“, sagt Constanze Kreuser nicht ganz ohne Stolz. Dabei weiß sie, dass der beschriebene Erfolg eine Teamleistung sei. „Kommunikation ist dabei alles. Ohne die läuft nichts“, erklärt sie eine und die vielleicht wichtigste Grundlage ihrer Geschäftsphilosophie.

Und neben ihrer Arbeit? Da schlägt Constanze Kreusers Herz auch weiterhin für das Stadtgrün. Sie unterstützt die Bundesgartenschau Erfurt 2021, freut sich schon jetzt auf „die Chance für Erfurt“. Und auch im Rotary Club ist Kreuser engagiert. Es gehe ihr darum, die Menschen zu begeistern – auch für Erfurt, sagt sie. Doch eine ihrer liebsten Beschäftigungen, das ist das Erkunden. Neue Orte, neue Städte interessieren sie. Dabei braucht Kreuser gar nicht um die halbe Welt zu fliegen. „Deutschland und Europa haben so viel zu bieten“, meint sie und freut sich, dass auch Hund Purzel manchmal mitkommen darf. Denn nur Büro, das ist nichts für den Hund. Und auch nichts für die Messeveranstalterin.