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Beim Blackout hilft nur Wasserkraft

Die Stromversorgung funktioniere wie Theater, sagt Susanne Nies. Zum Gelingen des Schauspiels trage ein großer Apparat hinter den Kulissen bei. Solange alles funktioniere, bemerken die Menschen gar nichts davon. Das tun sie erst, wenn der Strom großflächig ausfällt - dieses Szenario wird heute immer wieder thematisiert, wäre es im digitalen Zeitalter doch besonders folgenreich und unbehaglich. Nies bleibt beim Vergleich mit dem Theater: „Das Blackout ist so etwas wie der Auftritt des Schwarzen Mannes." Sie nahm gestern, Freitag, am Arbeitskreis „Standortfaktor Versorgungssicherheit" teil, als Vertreterin des Verbandes Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (kurz ENTSO-E, von European Network of Transmission System Operators for Electricity), einer Organisation, in der sich 42 solcher Netzbetreiber zusammengeschlossen haben. Sie organisieren in ihren jeweiligen Ländern oder Regionen die Stromversorgung; in Österreich heißt das Unternehmen Austrian Power Grid (APG).

Die Liberalisierung des Strommarktes ab 1996 habe sich positiv auf den Markt ausgewirkt, sagt Nies, weil die Bewerber sich jetzt stärker an den Koordinaten Innovation und Kosteneffizienz orientieren müssten. Davor gab es häufig (nicht nutzbare) Überkapazitäten und, wie Nies sagt, „eine große Aversion gegen Risiko".


„Biedermeier" im Burgenland

Heute komme etwa ein Viertel der Energie aus erneuerbaren Quellen. „Aber da manchmal die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht", müsse das Gesamtsystem diese Dynamik ausgleichen. Dank der europäischen Verbindungen kann der liberalisierte Strommarkt das laut Nies leisten. Als „biedermeierlichen Zugang" bezeichnete deshalb APG-Vorstandsvorsitzende Ulrike Baumgartner-Gabitzer, dass einzelne Länder oder Regionen - etwa das Burgenland - immer wieder behaupten, sie seien „energieautark": „Sie erzeugen vielleicht im Saldo das, was sie verbrauchen", dennoch seien einzelne Stromerzeuger immer wieder auf das Netz angewiesen, gesteigerte oder verringerte Leistung wettzumachen. Denn so paradox das in einer Welt klingen mag, in der alles möglich scheint: „Es wird intensiv daran gearbeitet, aber die Speicherbarkeit von Strom ist noch nicht da", sagt Baumgartner-Gabitzer. Die Speicherbarkeit hätte freilich große Relevanz für erneuerbare Energieformen.

Das europäische Stromnetz sei das beste, sagt Nies: „Das sagen auch die US-Amerikaner - mit Neid." Zählt man die Ausfälle aller europäischen Länder zusammen, gäbe es pro Jahr nur 20 Minuten keinen Strom - in den USA sind es 90 Minuten, so Nies. Was wäre, käme es tatsächlich einmal zu einem großen Blackout? „Das Stromnetz ist eines der kompliziertesten Netzwerke der Welt", sagt Nies; Strom bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit fort. Entsprechend komplex sei das Regelwerk mit geradezu „paramilitärischen Notfallplänen". Prinzipiell achte man auf eine Überproduktion von zehn Prozent, denn: „Ohne Reserve geht's nicht", sagt Nies. In sensiblen Strukturen wie Krankenhäusern sichern üblicherweise Diesel-Generatoren die Stromversorgung.

Allerdings: „Wenn das Blackout wirklich da ist, ist nicht mehr viel zu tun." Ein Blackout sei eigentlich ein Systemabsturz, die Flughöhe - eine Netzfrequenz von 50 Hertz - könne nicht so leicht wieder erreicht werden. Als „Black Start Capacity", also Kapazität für einen Neustart, komme Wasserkraft in Frage, so Niess.


Für Klimaschutz und Standort

Die Qualität der Stromversorgung ist dabei auch ein Standortfaktor, um Österreich als Destination für Investitionen zu positionieren: Baumgartner-Gabitzer sieht die zentrale Herausforderung in der Weiterentwicklung der Stromnetze. Diese müssen verlässlich und leistungsfähig bleiben, auch wenn der Strom vielleicht schon bald zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien kommt. „Das verändert allerdings die Architektur": Der Aus- und Umbau des Versorgungsnetzes sei deshalb sowohl aus Gründen des Klimaschutzes, als auch wirtschaftspolitisch sinnvoll.

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