Endlich: Niemand muss diese Bilder mehr aushalten. Die Refugee-Zeltstadt, das Symbolbild der gescheiterten Flüchtlingspolitik mitten in Europa - es verschwindet. Vorerst wird keine mazedonische Polizei Tränengas und golfballgroße Gummigeschosse über den Grenzzaun auf geflüchtete Kinder schießen. Hunderte kleine Zelte, die im Schlamm untergehen - diese Bilder sind passé. Dabei waren es genau diese Szenen, die das Potential hatten, manchen im kuscheligen deutschen Wohnzimmer aufzurütteln.
Nun werden die Flüchtlinge ihre Hoffnungslosigkeit, ihre Verbitterung in die offiziellen Lager tragen. Ein Rückschritt, denn in Idomeni konnten sie sich frei bewegen, sich eigenständig organisieren, den Alltag einigermaßen erträglich gestalten.
Ein Mikrokosmos mit den Problemen einer KleinstadtDie Menschen fühlen sich im Stich gelassen, sind sauer - auf die EU. Das Flüchtlingscamp in Idomeni war ein Mikrokosmos mit all seinen Problemen, die eine Kleinstadt eben hat, und jeder konnte sich selbst ein Bild davon machen. Bis heute, bis zur Räumung. Denn außer der staatlichen Nachrichtenagentur und dem griechischen Staatsfernsehen ERT durfte heute niemand auf das offene Gelände am Grenzübergang.
Unabhängige Berichterstattung? Fehlanzeige. Journalistinnen und Journalisten mussten draußen bleiben. Und genau das ist neben der Räumung an sich der große Skandal. Die griechische Regierung scheint die Pressefreiheit als ein flexibles Gut zu betrachten - wie es ihr eben passt. Die verzweifelten Menschen sollen nicht mehr gezeigt werden. Der zuständige Regierungssprecher für Flüchtlingsfragen begründet es damit, dass Einschränkungen für Medien bei solchen Einsätzen weltweit üblich seien. Die Regierung betont, sie wolle Gewalt vermeiden bei der Räumung, dabei ist die Räumung an sich schon die Gewalt. Und Zeichen der Ohnmacht.
Idomeni ist vorbei, die Probleme bleibenDie neuen Aufnahmelager seien besser, verspricht die Syriza-Regierung und tarnt somit ihre Unfähigkeit, die Menschen vernünftig über das Asylverfahren zu informieren. Auch der EU-Türkei-Deal könnte scheitern: Erst vergangene Woche entschied ein griechisches Berufungsgericht, dass die Türkei kein sicherer Drittstaat sei für einen Syrer. Der hatte gegen seine geplante Abschiebung im Rahmen des EU-Türkei-Deals Einspruch eingelegt. Ihm könnten nun Hunderte folgen.
Das und diese Räumung heute werden keine Ordnung in das griechische Asylsystem bringen. Idomeni ist vorbei, doch die Probleme bleiben. Vor allem für Griechenland und für alle EU-Staaten. Die Frage ist nur, wer und wie viel davon gezeigt wird und: ob überhaupt jemand diese Bilder sehen möchte.