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Shakespeare in Fritzlar: Er wird einfach nicht alt

Shakespeare ist ein Dauerbrenner, auch 450 Jahre nach seiner Geburt. Beim Festival „Vor dem Dom" in Fritzlar wird er wieder gespielt, am Donnerstag, 31. Juli, ist die Komödie „Was Ihr wollt" ab 21 Uhr zu sehen. Aus diesem Anlass eine persönliche Liebeserklärung in Fragen und Antworten.

Immer diese Aufregung um William Shakespeare. War der wirklich so gut?

Ja, wahrscheinlich sogar der beste der Welt.

Ziemlich gewagte Aussage, oder? Was macht ihn denn angeblich so gut?

Zum einen die wunderbar poetische Sprache. Nicht umsonst haben es viele Zitate zur Redewendung gebracht („Sein oder Nicht-Sein."). Und Shakespeares Liebes-Sonette sind unerreicht.

Seine Sprache ist aber auch ziemlich altmodisch. Und erst die Themen: Was haben schottische Könige, italienische Edelleute und dänische Prinzen mit uns heute zu tun?

Mehr als man denkt. Shakespeare hat vielleicht als erster Dramatiker nicht nur die Konflikte geschildert, sondern die psychologische Dimension der handelnden Personen ausgelotet.

Wer Macbeth, Hamlet oder Richard III. studiert, kann auch etwas über die heutige Politik lernen.

Trotzdem ist das doch alles lange her und kann nicht mehr modern sein.

Das sehen viele Musiker, Filmemacher und Theaterleute anders. Es gibt grandiose Vertonungen und Verfilmungen wie etwa „Romeo und Julia" mit Leonardo di Caprio, die kein bisschen alt aussehen. Und das Staatstheater Kassel beweist gerade, wie fesselnd „Macbeth" sein kann.

Okay, jetzt ging es um die ganzen Tragödien. Da sind dann die Komödien - wie die, die in Fritzlar gezeigt wird - wohl eher zweitklassig, wie?

Man soll das Wort Genie nicht überstrapazieren, aber Shakespeare war eines. Und er konnte alles: Dramen, Gedichte, Komödien - und die elegante Mischform, die Tragikkomödie. Große Poesie und brüllend komischer Klamauk, er ließ nichts aus.

Das Theater in der Shakespeare-Zeit war eine Massenbelustigung und keinesfalls elitär. Ich würde die Behauptung wagen, dass Shakespeare in Hollywood arbeiten würde, wenn er heute lebte.

Genie hin, Genie her. In Wirklichkeit hat Shakespeares Werke doch ein anderer geschrieben, habe ich gehört.

Es gibt nicht sehr viele gesicherte Daten über William Shakespeare. Dazu gehört sein Taufdatum 26. April 1564, von dem aus man seinen Geburtstag am 23. April kalkuliert. Man weiß, dass er verheiratet war, und drei Kinder hatte, Susanna sowie die Zwillinge Hamnet (nein, nicht Hamlet!) und Judith.

Sonst weiß man nichts über Shakespeare?

Doch, sieben Jahre nach der Taufe der Zwillinge wird er in London erwähnt. Es gibt Dokumente über seinen Beruf als Schauspieler und seine Teilhaberschaft an Theatertruppen. Die Lücke zwischen der Geburt der Zwillinge und London wird von Biografen „Lost Years" (verlorene Jahre) genannt, die Anlass zu allerlei Verschwörungstheorien geben.

Das klingt interessant, welche sind denn im Umlauf?

Es gibt etliche Kandidaten, wer der echte Verfasser der Shakespeare-Werke sei, von Francis Bacon über den Schriftsteller Christopher Marlowe, dessen Ermordung demnach nur inszeniert wäre, bis hin zu Königin Elisabeth I.

Im Hollywood-Film „Anonymus" (2011) von Roland Emmerich wird der Earl of Oxford, Edward de Vere, als Kandidat präsentiert.

Und was ist davon zu halten?

Vieles ist Glaubenssache, weil keine Beweise mehr zu finden sind. Manche Theorien sind eher hanebüchen. Viele Verschwörungstheoretiker führen ins Feld, Shakespeare sei nicht gebildet genug für die Anspielungen in seinen Stücken gewesen. Shakespeare-Expertin Ina Schabert hält entgegen, dass er vermutlich eine durchaus gute Schule in Stratford-upon-Avon besucht habe.

Was schließen wir daraus?

Jeder, was er möchte. Vermutlich hätte Shakespeare eine diebische Freude an den ganzen Theorien. Oder, wie er selber schreibt: „Die ganze Welt ist Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler, sie treten auf und gehen wieder ab." (aus: Wie es Euch gefällt)

Die Hauptsache ist aber: Shakespeare sehen, hören, fühlen. Es lohnt sich wirklich.

Unser Autor: Olaf Dellit (41) hat Anglistik und Amerikanistik in Göttingen und in Stirling/Schottland studiert und sich dabei in Shakespeare verliebt. Die Liebe hält an.

Von Olaf Dellit

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