Incels, Rechte, Islamisten: Susanne Kaiser über den Männlichkeitsdiskurs, sein Erstarken und seine Schnittstellen zur islamistischen Ideologie.
taz: Frau Kaiser, in Ihrem Buch „Politische Männlichkeit. Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobilmachen" beschäftigen Sie sich mit dem autoritären Backlash der vergangenen Jahre und spannen einen weiten Bogen von Incels über religiöse Hardliner, Maskulinisten, Alt-Right-Aktivisten hin zu Rechtspopulisten - welche Verstrickungen gibt es zwischen den verschiedenen Gruppen?
Susanne Kaiser: Auf den ersten Blick sind diese Akteure sehr disparat. Was sie jedoch eint, ist: Sie alle propagieren reaktionäre Männerbilder und streben eine Rückkehr zur „natürlichen" patriarchalen Ordnung an. Diese Anti-Gender-Ideologie ist wahnsinnig anschlussfähig - hin zu Incels ( Anm. d. Red.: Involuntary Celibate, unfreiwilliges Zölibat) auf der einen und fundamentalen Christen auf der anderen Seite. Andrea Pető spricht von „Kitt". Vor der Trump-Wahl 2016 zum Beispiel haben Alt-Right-Akteure ganz massiv in Incel-Foren nach Wählerstimmen gefischt.