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Natürlich klettern: Simon Gietl riskiert alles

Am Berg sucht Simon Gietl das Extrem. Der Südtiroler zählt zu den besten Alpinkletterern der Welt und hat diese auf vielen Expeditionen bereist. Doch seinen Stil geformt und seinen Willen gestählt haben die heimischen Dolomiten. 

Ein einziges Mal hätten ihn Zweifel gepackt, erzählt Simon Gietl. Als er kurz nach der Geburt seines zweiten Sohnes Iari Flüge für Expeditionen buchte. „Auf einmal habe ich mich gefragt, ob ich das Richtige tue. Ob ich das meiner Familie zumuten kann und es das Risiko wert ist.“ Später am Tag sei er in die Kletterhalle gefahren – statt wie geplant zum Eisklettern. Dort habe er Freunde getroffen, sich verquatscht. Die Männer seien ins Gespräch vertieft gewesen, als neben ihnen ein Schraubglied aufschlug. Ein Kletterer hatte das Metallteil verloren – pures Glück, dass es in der vollen Halle nur ein Loch im Betonboden hinterließ. Gietl hält kurz inne und blickt durch die Windschutzscheibe auf die Berge, die den Himmel über dem Ahrntal durchsacken. Er sitzt am Steuer eines BMW 225xe iPerformance Active Tourer, fährt die Talstraße hinab. Es ist still, nur das Surren des Elektromotors vibriert in der Luft. Dann fegt Simons Lachen den nachdenklichen Moment hinweg: „Da dachte ich mir: Wenn es sogar in der Halle passieren kann, kann ich auch gleich rausgehen.“


Wenn Simon Gietl das tut, hat es das in sich: Die Erfolgsliste des 31-Jährigen ist lang: Team-Speed-Rekord in der Eigernordwand, Erstbegehung der Route „Odyssee“ an selbiger, erste freie Begehung des Arwa Spire (6193 m) in Indien, erste Solo-Winter­begehung des „Phantom“ in der Nordwand der Großen Zinne bis 50 Meter unter den Gipfel, Erstbesteigung des Tirol Shan (5860 m) in China, unzählige alpine Erstbegehungen ohne Bohrhaken bis zum unteren X. Grad und so weiter und so fort. Die Dolomiten tauchen oft auf in dieser Liste. Sie sind seine Heimat, haben aus ihm den Kletterer geformt, der er heute ist.


Rund um das Ahrntal kennt er fast jeden Gipfel. Heute aber ist sein Ziel ein anderes: San Martino – im Südosten der Trentiner Dolomiten, gelegen zwischen Palagruppe und Passo Rolle. Der Weg dorthin führt über das Pustertal und Brixen, wo Simons Seilpartner wartet. Mit ihm gemeinsam geht es weiter, diesmal mit Verbrennungsmotor. Auf der Autobahn werden Pläne geschmiedet, während die Geschwindigkeit die Landschaften draußen weichzeichnet. Es geht um Touren, Ausrüstung, Erinnerungen. Das ­Leben der beiden Männer dreht sich um die Berge. Jeder ihrer Sätze enthält ein paar Höhenmeter.


Kaum vorstellbar, dass es Startschwierigkeiten zwischen Simon Gietl und den Bergen gab: Erst mit 18 Jahren und per Zufall kam er zum Klettern. „Beim Trampen hat mich ein Kletterer mitgenommen und mir vorgeschwärmt.“ Der Teenager, damals in der Ausbildung zum Tischler, hört fasziniert zu und beschließt, das mit der Kraxelei einmal zu probieren. Ein paar Tage später hängt er zum ersten Mal in der Wand und kostet von dem Gefühl, nach dem er fortan streben wird.


Gietl drückt aufs Gas. Die Erinnerung mahnt ihn zur Eile. Er will an den Fels. Als endlich das Ortsschild von San Martino di Cas­trozza auftaucht, huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Der Ort ist seit jeher Anziehungspunkt für Künstler und Alpinisten. Einige lassen sich vom Panorama inspirieren, andere riskieren ihr Leben. Es ist klar, zu welcher Kategorie Gietl gehört.


Das Klettern hat seinem Leben eine neue Richtung gegeben. Der Handwerksberuf ist Vergangenheit, heute lebt er von seiner Leidenschaft. Er hat sich an der Weltspitze des Alpinkletterns etabliert, Sponsoren gefunden und mit Rekorden und Erstbegehungen Schlagzeilen gemacht. Von einem „Beruf" mag er aber nicht sprechen. Das Wort verwendet er allenfalls als Ausrede, wenn seine Freundin sich über sein Kletterpensum beschwert. „Ich habe einfach das große Glück, genau das zu tun, was ich möchte, und davon leben zu können."


Das Klettern hat ihn nach China und Indien, Alaska, Peru, ­Kanada, Grönland, Patagonien und in die USA geführt. Die ­Dolomiten würde er trotzdem „für kein Gebirge der Welt tauschen". Sie haben für ihn nichts an Faszination verloren, im Gegenteil: „Erst wenn man weg war, lernt man schätzen, was man vor der Haustüre hat." Manchmal machen ihn die skurrilen Zacken ­fassungslos: „Wie konnte die Natur nur so etwas erschaffen?" Auch die Palagruppe, für ihn neues Terrain, beeindruckt. Hier sucht er neue Projekte und Abenteuer. Eines hat er schon entdeckt: den ­imposanten Sass Maor. „Da will ich rauf!", sagt er, und in seine sonst so locker-flapsige Art schleicht sich Entschlossenheit.


Eher selten fasziniert Gietl die Technik ebenso wie die Natur. Doch wie leise der Elektromodus des Autos ist, beeindruckt selbst ihn. „Toll, dass ich keine Abgase verursache. Aber noch toller ist die Ruhe." Der Lärm der Autos und Motorräder auf den Dolomitenpässen sei immens. „Das fällt einem erst so richtig auf, wenn man mal in echter Stille klettern konnte."


Dann ist es endlich so weit: Gietl und sein Seilpartner klauben die Kletterausrüstung aus dem BMW, schlüpfen in die Bergschuhe und machen sich an den Aufstieg, um neue Routen zu finden. Hier und da steigen sie kurz ein, schrauben sich mühelos ein paar Meter die steilen Wände empor. Doch es sind nur Fingerübungen. Erst mal gilt es, das Gebiet kennenzulernen.


Wie wichtig das ist, hat Gietl auf die harte Tour gelernt: Mehr als einmal ist ihm das spröde Kalkgestein unter den Fingern zerbröselt. Am Berg hat er viel Lehrgeld gezahlt: „Vom Fels verwöhnt wird man in den Dolomiten nicht, aber darin liegt eben die Herausforderung." Er nimmt sie an, die Berge haben seinen Stil kontrolliert und sensibel gemacht. Begehungen bereitet er sorgfältig vor. „Man verlässt sich hier nicht einfach darauf, dass alles klappt. Man braucht einen Plan B, C und am besten auch einen Plan Z."


Die Unberechenbarkeit der Dolomiten ändert allerdings nichts daran, dass er am liebsten traditionell klettert und auf Bohrhaken verzichtet. „Mich haben Kletterer wie Christoph Hainz geprägt. Diese ­natürliche Art des Kletterns gefällt mir am besten. Ich scheitere lieber, als mich zum Gipfel hinaufzubohren." Ein paar Stunden später, wieder am Auto, kommt er noch einmal auf das Thema Scheitern zurück. Denn es gab Momente, da haben ihn seine ­Berge zur Verzweiflung gebracht. Allerdings lassen sich diese Augenblicke an einer Hand abzählen. Eine Hand, an der aufgrund von Erfrierungen nicht mehr jeder Finger über das viel zitierte Fingerspitzengefühl verfügt: ­damals zum Beispiel, als sein Bruder abstürzt, mit dem er bis ­dahin die meisten alpinen Klettertouren unternommen hatte, und nur knapp einer Querschnittslähmung entging. Oder nach ­seiner Winter-Solobegehung an der Großen Zinne, als er wegen Erfrierungen direkt danach ins Krankenhaus fahren musste.


„Manchmal ist es schon hart", sagt er, während er seine Kletterausrüstung im Rucksack verstaut. Es ist spät geworden. Nebel zieht das Tal herauf. Die Dämmerung legt sich über den Ort und macht der abendlichen Kälte Platz. Schon bald verschwinden die Männer mit dampfenden Teetassen in ihrem­ warmen Zelt. Noch bis tief in die Nacht werden sie dort ihre Eindrücke austauschen und Pläne für die nächsten Unternehmungen machen. Denn eines ist klar: Morgen wollen sie wieder in die Wand.


Perfekt ausgestattet: Seit 2014 besteht eine Kooperation zwischen BMW und SALEWA. Nachhaltige Mobilität - unter anderem in Form des Hybridfahrzeugs BMW 225xe iPerformance Active Tourer - verbindet sich mit dem perfekten Outdoor-Erlebnis. Auch der Spitzenathlet Simon Gietl trägt bei seinen Klettertouren die vielseitige Kleidung des Bergsportspezialisten.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift „Alpin". Weiterlesen auf: www.alpin.de oder www.facebook.com/alpinonline

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