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FDP: Bundesregierung setzt einseitig auf Elektromobilität

Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP geht hervor, dass in Sachen alternative Antriebe der Fokus klar auf E-Mobilität gesetzt wird - zu einseitig? Bildrechte: imago images / Jan Huebner

Die Infrastruktur für alternative Antriebsarten ist in Mitteldeutschland weniger gut ausgebaut als im Rest des Landes. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor. Torsten Herbst, Mitglied der Liberalen im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, kritisiert das insgesamt langsame Tempo bei der Energie- und Verkehrswende: "Die Infrastruktur für alternative Antriebe ist unterentwickelt".

Nach Einschätzung der FDP setzt die Bundesregierung in der Verkehrswende außerdem einen klaren Fokus auf den Aufbau einer Infrastruktur für E-Mobilität. Andere alternative Antriebe wie Erdgas oder Wasserstoff würden im Aufbau hinten angestellt, insbesondere in Mitteldeutschland.

Schwerpunkt E-Mobiliät

Eckehart Rotter, Sprecher beim Verband der Automobilindustrie, bestätigt das: "Wir verfolgen gemeinsam mit der Bundesregierung das Ziel, den CO2-Ausstoß von Neuwagen bis 2030 um 37,5 Prozent zu reduzieren." Bei der Entwicklung neuer Technologien habe man daher Prioritäten setzen müssen: Die schnelle Lösung sei der Sektor Elektromobiliät. Verbesserung und Ausbau der Wasserstofftechnologie stünden andererseits aber nach wie vor auf der Agenda, sagt Rotter.

Flächendeckender Ausbau von Wasserstofftankstellen bis 2015

Andreas Lischke vom Institut für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt widerspricht hingegen der These, dass die Elektromobilität bevorzugt würde. So gebe es bereits mehr Wasserstofftankstellen als es die Anzahl von Fahrzeugen mit Brennstoffzelle überhaupt nahelege.

Um den Ausbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes in Deutschland kümmert sich "H2 Mobility", ein Joint Venture, an dem auch Daimler, Linde, Shell oder Total beteiligt sind. Bis Ende 2019 sollen laut Andreas Lischke, der mit den Plänen des Unternehmens vertraut ist, deutschlandweit 100 öffentliche Wasserstoff-Stationen für Pkw zur Verfügung stehen.

Ausbau findet vor allem in Ballungszentren statt

Der Ausbau beschränkt sich allerdings zunächst auf sieben deutsche Ballungszentren, nämlich Hamburg, Berlin, Rhein-Ruhr, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart und München - keines davon liegt in Mitteldeutschland. Wer Wasserstoff tankt, kann das bisher nur in Dresden, Leipzig und Magdeburg tun - ab Mai 2019 auch in Halle, eine weitere Wasserstoff-Tankstelle in Erfurt befindet sich noch in der Genehmigungsphase.

"Drei Wasserstofftankstellen in ganz Mitteldeutschland sind zu wenig", findet FDP-Politiker Torsten Herbst. Wasserstoff-Brennstoffzellen seien jedoch die Zukunft, vor allem für den Antrieb großer Lkw. Mit Investitionen müsse der Bund den Impuls zum Ausbau einer funktionierenden Infrastruktur geben. Das Bundesverkehrsministerium wiederum betont, dass wasserstoffbetriebene Elektromobilität ein wichtiger Baustein sei bei der Umstellung auf alternative Antriebe. Der Bund fördere sie seit der Markteinführung 2006 - insgesamt seien über das "Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzelle (NIP)" rund 950 Millionen Euro Fördergelder geflossen. Das Geld sei vor allem für die Forschung genutzt worden - sie sei hier sogar bedeutend umfangreicher als im Bereich der batteriebasierten Mobilität.

Mit Erdgas in die mobile Zukunft?

Bei der Versorgung mit Erdgas steht Mitteldeutschland vergleichsweise gut da. Während das flüssige Erdgas LNG (Liquid Natural Gas) in Deutschland bisher nur in Ulm, Berlin, Hamburg und in Kassel getankt werden kann, gibt es allein in Mitteldeutschland 97 CNG-Tankstellen (CNG steht für "Compressed Natural Gas").

Deutschlandweit gibt es laut Bundesverkehrsministerium rund 900 CNG-Tankstellen. Damit sei ein "ausreichendes Netz für die Versorgung mit diesem Kraftstoff" gewährleistet. Fördermaßnahmen oder Investionen seien daher nicht vorgesehen. Der Aufbau eines LNG-Tankstellennetzes für Lkw soll unter Federführung von Energielieferanten in den kommenden Jahren deutschland- und europaweit vorankommen, sagt Verkehrsforscher Lischke. Spätestens im Jahr 2025 soll ein flächendeckendes LNG-Tankstellennetz zur Verfügung stehen.

In Sachen CNG stehe es um den Ausbau gar nicht mal so schlecht, sagt auch Dr. Jens Andersen. Der studierte Maschinenbauer gehörte zu den führenden Köpfen in Sachen alternativer Antriebstechnologien beim Autobauer VW. Den Doktortitel erlangte er 2014, das Thema seiner Dissertation war: "Erdgasbetriebener Ottomotor im Vergleich zu elektrifizierten Antrieben". Die Frage nach der mobilen Zukunft beantwortet Andersen eindeutig: "Erdgas!"

"Wir brauchen mehr Technologieoffenheit!"

Der fossile Rohstoff, der vorwiegend aus Methan bestehe, sei per se klimafreundlich, sagt der Ingenieur, der heute an der Ostfalia Universität Wolfsburg lehrt. "Methan ist ungiftig und verbrennt nahezu rückstandslos", erklärt Andersen. Eine Feinstaubbelastung drohe nicht. Erdgas lasse sich außerdem biogen aus Reststoffen oder synthetisch durch Windenergie herstellen und sei damit nahezu klimaneutral.

2018, vier Jahre nach Erlangen seines Doktortitels, nach insgesamt 28 Jahren bei VW, kehrt Andersen dem Wolfsburger Autobauer den Rücken. Warum die Bundesregierung einen so deutlichen Fokus auf E-Mobilität setzt, verstehe er bis heute nicht. In einer freien Marktwirtschaft einen Technologieschwerpunkt zu setzen, gefährde die Zukunft der Mobilität.

Der FDP-Abgeordnete Torsten Herbst stimmt ihm zu: "Wir brauchen mehr Technologieoffenheit", sagt Herbst. Nur so könne ein freier Markt funktionieren und ein Technologie-Wettbewerb zugelassen werden, der wichtig für den Fortschritt sei.

Nur wenige Ladestationen an Autobahnen

Außerdem ist selbst der Ausbau der Infrastruktur für Elektroautos längst nicht so weit fortgeschritten, wie man denken könnte: Laut Bundesregierung gibt es in Mitteldeutschland zwar mittlerweile 1.429 Normal- und Schnellladepunkte für Elektroautos - Stand Februar dieses Jahres. Vor allem an mitteldeutschen Autobahnraststätten mit insgesamt nur 64 Schnellladepunkten an 32 Standorten für E-Autos bestehe aber auch hier noch Nachholbedarf, sagt Torsten Herbst.


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