14 subscriptions and 4 subscribers
Article

Landschaften in Familie

Sylvia, Rainer und Titus Schade stellen erstmals gemeinsam aus


Wenn Mama, Papa und Sohn Künstler sind, dann schreit das förmlich nach einer gemeinsamen Ausstellung. Da wundert es schon fast, dass das im Hause Schade nun zum ersten Mal passiert. „Haus und Hof“ heißt dieses Familientreffen, das im Weißen Haus in Markkleeberg erstmals Arbeiten von Sylvia, Rainer und Titus Schade zeigt. Die Ausstellung richtet den Fokus auf die ähnlichen bildnerischen Auffassungen der drei Künstler, die sich zwar unterschiedlicher Medien bedienen, deren Bildsprache sich jedoch auf gewisse Weise ähnelt. Die Zeichnungen des emeritierten Professors an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle, Rainer Schade, stehen neben den Fotografien seiner Frau und den Gemälden des Sohnes und Neo-Rauch-Schülers Titus Schade.

„Architektur spielt in all unseren Arbeiten eine tragende Rolle. Der Titel der Ausstellung, Haus und Hof, soll dabei das Familiäre unterstreichen“, sagt Titus Schade. Auch inhaltlich dreht sich das Schaffen der drei Schades um Häuser und Höfe. Die Arbeiten sind in verschiedenster Art und Weise mit dem Thema Wohnen verknüpft. Häuser, Autos, Straßenzüge, Wohnwagen, Kreuzfahrtschiffe, Städte – die Liste geht weiter. Haus und Hof also im doppelten Sinne: Der Titel solle auch zeigen, „dass die Arbeiten gewissermaßen aus denselben vier Wänden entstammen könnten“, sagt der 33-Jährige, der mit den Zeichnungen seines Vaters aufwuchs, aber auch früh in Berührung mit der gegenständlichen Malerei der Künstler der Leipziger Schule gekommen ist. „Ich kann mich erinnern, dass ich schon als Kind des Öfteren einen kritischen Blick auf die Bilder meines Vaters hatte“, sagt er – das habe sich bis heute nicht geändert. Doch mit der Professionalisierung durch sein Studium seien seine Arbeiten nun auch dem kritischen Blick seiner Eltern ausgesetzt.

Was die Arbeiten der Familie eint, ist der Hang zu klaren Linien und Strukturen, zur Architektur  – egal in welchem Medium. Die Bilder sind thematisch manchmal so eng miteinander verknüpft, dass sie sich wie Puzzleteile zu ergänzen scheinen. So finden sich etwa die turmähnlichen Gebilde aus den Gemälden von Titus Schade auch in den Fotografien und Zeichnungen seiner Eltern wieder. Geplant sei das nicht gewesen, sagt Titus Schade. Die Bilder des jungen Leipziger Malers zeigen Häuser, erfundene Wohnräume, denen er immer eine zweite Bedeutungsebene verleiht. Er malt Fachwerkhäuser, etwas vorwiegend ländliches, jedoch so akkurat, dass sie fast wie Computergrafiken wirken und kreiert damit den Kontrast, der seine Malerei so spannend macht. „Architektur war schon immer mein Hauptthema, ein fester Anker in meinem Schaffen. Ich spiele mit der Perspektive, um die Betrachter bestenfalls in das Bild hineinzuziehen.“ So mache er das Bild zur Bühne, zu einem begehbaren Ort, sagt Titus Schade, der in seiner Malerei ganze Bildwelten entstehen lässt. Im Gegensatz zu den Fotografien seiner Mutter seien seine Arbeiten keine dokumentarischen Bilder, sondern frei erdacht, sagt der 32-Jährige. 

Die Fotografien seiner Mutter wirken manchmal so irreal, dass auf den ersten Blick kaum klar wird, ob es sich um inszenierte Fotografie handelt. „Oft werde ich gefragt, ob ich die Fotografien manipuliert habe“, sagt Sylvia Schade. Doch ganz im Gegenteil. Sie versuche, ihre Bilder im Nachhinein so wenig wie möglich zu bearbeiten und zu verändern. Sie fotografiere zwar Architektur, bezeichne sich jedoch nicht als Architekturfotografin, sagt Sylvia Schade. „Wenn man mit einem offenen Blick durch den Alltag geht, begegnen einem nicht selten der Wirklichkeit entrückte Szenerien, die im eingefrorenen Zustand als surreales Bild erscheinen.“ Mit ihren Fotografien fängt sie außerdem genau jene Linien und Diagonalen ein, die sich auch in den Fachwerkstrukturen ihres Sohnes wiederfinden, doch auch die skizzenhaften Bildwelten ihres Mannes. Ob das nun das Schattenspiel eines Treppengerüsts ist, der Blick in eine Wohnsiedlung, auf Autos oder ein monströs anmutender Passagierdampfer, der in den Hafen von Warnemünde einfährt. Sylvia Schade spielt mit Perspektive, findet in ihren Motiven wiederkehrende Muster und Strukturen.

Auch in den Zeichnungen ihres Mannes finden sich diese Strukturen wieder. So steht etwa eine realistische Zeichnung einer Kleinsiedlung von Rainer Schade neben einer Fotografie von Sylvia Schade, die eine kitschige Kleinstadt-Vorgarten-Skulptur zeigt. Rainer Schade zeichnet architektonische Strukturen, mal mit figürlichem Charakter, mal real, fast dokumentarisch (etwa das Arbeitszimmer seiner Frau), mal komplett irreal und verträumt anmutend. Er scheint die Ansätze seiner Frau und seines Sohnes in seinem Werk zu vereinen – und macht das Familienpuzzle damit komplett.