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Gastro-Test: „Leche de Tigre" – kalter Fisch als heißer Trend

Bunte Bilder an den Wänden – und auf den Tischen weiße Emaille-Schüsseln, in denen das Essen serviert wird. (Foto: Roeer)

„Tigermilch?!“, fragt die Kollegin und zieht die „I“s angewidert in die Länge, als hätte ich persönlich den Raubtierbabys bei Hagenbeck das Fresschen geklaut. Na-tür-lich nicht! Aber tierisch ist’s schon, was einem im Ottenser Restaurant „Leche de Tigre“ serviert wird. Vor allem: tierisch fischig. 


Denn „Leche de Tigre" kommt nicht warm aus Mutter Tiger, sondern kalt aus der Küche. Sie entsteht, wenn man das peruanische Nationalgericht zubereitet: Ceviche. Fangfrischer Fisch, der in Limettensaft eingelegt wird - die Säure reagiert mit dem Eiweiß im Fisch, der auf diese Weise „gart". Salz, Pfeffer und Zwiebeln dazu, fertig. Und die Tigermilch ist - kurz gesagt - das, was an Flüssigkeit übrig bleibt.

Die Macher bieten Ceviche aus Lachs und Kabeljau an, mit Garnelen, Tintenfisch oder allem auf einmal. Ein Jahr lang haben sie ihr Angebot in diversen Pop-up-Läden verfeinert, im November dann eröffneten sie ihr Restaurant. Und das brummt. An vielen Abenden geht ohne Reservierung nichts. Dann bleibt nur der Platz an der Bar und der neidvolle Blick auf Menschen, die freudig von Emaille-Tellern essen.

Tapas werden die Gerichte hier genannt und: „Vier davon könnt ihr locker bestellen." So sagt's der gut gelaunte Mann, der uns bedient, so machen wir es auch. Dann müssen wir warten, fast eine Dreiviertelstunde. Auf „Ceviche Tigre" (11 Euro), „Anticucho de Pulpo y Chorizo" (9,50 Euro), „Lomo Saltado" (13 Euro) und „Yuca Frita" (5,50 Euro). Als die serviert werden, sind zwei der drei eigentlich heißen Gerichte lauwarm. Schade. Aber auch keine große Katastrophe - zu neugierig sind wir auf das, was wir da vor uns haben.

Die Ceviche (Kabeljau, Pulpo, Garnelen, panierte Baby-Calamares und Süßkartoffelmus) ist ein Erlebnis - sauer (Limette!), fruchtig (die tomatige Tigermilch!), scharf (Chili!). Und lecker. Genau wie das „Lomo Saltado": scharf angebratenes Rindfleisch (innen rosa, außen tiefdunkel), dazu rote Zwiebeln in Tomatensoße, ein frittiertes Kartoffelnest und ein Häufchen sehr kompaktes Risotto. Ein intensives, duftendes Gericht. Die „Yuca Frita", eine Art Pommes aus Maniok, sind bissfester als ihre Kartoffel-Kollegen und gut zum Wegknabbern. Einzig die Spieße mit Chorizo und Pulpo hauen uns nicht um. Allerdings bringen sie die Schwere, die der opulente Shiraz (7,50 Euro/0,15 l) ja beinahe schon verlangt.

Zum Abschluss gibt's „Pie de Limon" (5 Euro): Limetten-Maracujacreme im Glas, unten Kekskrümel, oben flambiertes Baiser, fein zwischen sauer und süß ausgewogen. „Lecker", sagen wir - und ziehen das „Mmmh" genüsslich in die Länge.

„Leche de Tigre": Nernstweg 32-34 (Ottensen), Mo-So 18-23 Uhr, Tel. 0176-23753938

Bewertung:

Zubereitung 4/5 Punkten
Service 2/5 Punkten
Weinkarte 4/5 Punkten
Atmosphäre 3/5 Punkten
Preis/Leistung 3/5 Punkten
Gesamtbewertung 3/5 Punkten

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