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Test-Essen im „Gasthaus an der Alster": Es hätte so schön sein können!

Ein Bild im Inneren durfte der MOPO-Fotograf nicht machen. Schade, da gibt’s im „Gasthaus an der Alster“ nämlich einiges zu sehen. (Foto: Roeer)

Es fehlt eigentlich nicht viel. Das „Gasthaus an der Alster“ hat die Lage, die Klientel und die Geschichte für einen Hamburger Gastro-Klassiker. Das Interesse, dort hinzukommen, spürt man im Restaurant allerdings nicht. Läuft doch auch so, strahlt der gesamte Betrieb aus. Und man muss einräumen: stimmt sogar.


An einem gewöhnlichen Abend unter der Woche ist der Laden gut gefüllt, in dem ausgesprochen weitläufigen Lokal ist es aber gar nicht so einfach, den Blick der Kellnerin einzufangen. Ob denn noch zwei Plätze für hungrige Laufkundschaft frei wären? Sind sie, und so werden wir in die Nähe der Bar gesetzt. Gut für uns, denn die Sitznische ist gemütlich - und gut für den Service, muss er nicht so weit laufen.

Zeit, sich mal umzuschauen: viel Holz, blassgelbe Wandfarbe, viel nostalgischer Zierrat, Theater-Fotos - und im Eingangsbereich sitzt eine lebensgroße Großmütterchen-Figur. Das Gasthaus gibt es „seit 30 Jahren", sagt die Bedienung - ein bisschen wird die Illusion genährt, es gingen noch zwei, drei Generationen voraus.

Die Karte („Oma empfiehlt") ist guter Wirtshausstandard mit norddeutschem Einschlag, das heißt neben Schnitzel gibt's auch Scholle. Oder eben Labskaus (13,50 Euro): Das Gericht aus Kartoffeln, Roter Bete und Corned Beef ist selten eine Schönheit, hier gibt's zum blassrosafarbenen Pamps zwei Spiegeleier obendrauf. Die Portion ist riesig und gut gewürzt, genau das also, was man im Wirtshaus erwartet.

Den saisonalen Klassiker haben wir ebenfalls bestellt: Grünkohl mit Kasseler und Kochwurst (15,40 Euro). Kann man nicht viel falsch machen: Der Kohl ist schön durchgezogen, das Kasseler ein bisschen trocken, die Wurst von guter Qualität. Dazu goldbraun karamellisierte Kartoffeln, der Markensenf kommt aus der Tüte.

Das tut dem Geschmack keinen Abbruch und ist letztlich nicht so wichtig, trotzdem: Ein kleines Pöttchen wäre irgendwie nett gewesen - und die Anmutung gleich etwas herzlicher. Riesling und Grauburgunder (je 5,20 Euro/0,2 l) kommen ja schließlich auch in Karaffen. Der Wein ist gut, sofern man das bei der eiskalten Trinktemperatur beurteilen kann.

Nach einer leicht oll schmeckenden Roten Grütze (5,50 Euro) mit Vanilleeis begleichen wir die Rechnung und ziehen weiter, vorbei am Tisch mit sich amüsierenden Geschäftsleuten, dem Ehepaar, das nur auf ein Getränk reingekommen ist, und Skat spielenden Senioren. Ein paar Stammgäste glauben wir hier auszumachen. Wir werden wohl keine - mit ein wenig mehr Liebe zum Detail hätte das „Gasthaus an der Alster" uns vermutlich deutlich mehr überzeugt. 

„Gasthaus an der Alster": Ferdinandstr. 65-67 (Altstadt), täglich 11-24 Uhr, Tel. 32 72 09  Original